Sonntag, 19. Juni 2016

Beitrag für das Lübecker Friedensforum

Horst Leps: Beitrag auf der Veranstaltung in Lübeck

Deutsche Außenpolitik: „Neue Macht - neue Verantwortung“

19.06.2016


 Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung 3
2. Die gegenwärtige Lage - Im Spiegel von Reden von Frau von der Leyen 4
3. Der Politikwandel nach Libyen 2011 8
3.1 Das Konzept: Neue Macht - neue Verantwortung 8
3.2 Die Politik der neuen Macht 13
3.2.1 Wirtschaftsblockade gegen Syrien 13
3.2.2 Die „Freunde Syriens“ 16
3.2.3 Militärisches Eingreifen? 20

3.2.4 Koordinierung der Opposition 21
3.2.5 Zwischenergebnis 23
3.2.6 Bisherige Folgen des Konzepts der neuen Macht 24
3.3 Wie weiter? 25
3.3.1 Die Konfrontationen verschärfen 26
3.3.2 Kooperation und Entspannung 29
4. Zum Weißbuch 2016 32
4.1 Hybride Kriegsführung 32
4.2 Der grenzenlose Einsatz 35
5. Unsere Alternative: Gemeinsame Sicherheit und gerechte Entwicklung 38
5.1 Der europäische Ansatz: KSZE 39
5.1.1 Die Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa von 1975 39
5.1.2 Die „Charta von Paris“ 40
5.1.3 Ein Vorschlag: KSZE2-Vertrag 41
5.1.4 Eine KSZE für den Nahen Osten? 42
5.2 Entspannung - eine deutsche Tradition 45
5.2.1 Für eine andere Russland-Politik 45
5.2.2 Die EKD: Aus Gottes Frieden leben - für gerechten Frieden sorgen 48
5.2.3 Für eine neue Ostdenkschrift der EKD 49
5.2.4 Resolution der Nordkirche: Gerechter Frieden kann nicht mit Waffen gewonnen werden 51
5.2.5 SPD-SH zur Friedenspolitik: 52
5.3 Friedensforderungen der Friedensbewegung 53

1. Einleitung

Ich möchte in meinem Referat Texte vorstellen, die für die Diskussion in der Friedensbewegung über deutsche Außenpolitik von Bedeutung sind und zum Nachdenken anregen. Von einem dieser Texte meine ich, dass man ihn gelesen, vielleicht sogar durchgearbeitet haben sollte, um gegenwärtige Vorgänge, etwa die geplante Aufrüstung1 und Vergrößerung2 der Bundeswehr, verstehen zu können.
Ich gehe dabei der Frage nach, ob die deutsche Außenpolitik nicht einen guten Teil Schuld an den gegenwärtigen Krisen hat: An der Krise der EU, der Flüchtlingskrise, den Krisen im Nahen und Mittleren Osten und ob sie darauf krisendämpfende oder krisenverschärfende Antworten gibt.

Nach einem Blick auf zwei Äußerungen der Bundesverteidigungsministerien werde ich das Papier „Neue Macht - Neue Verantwortung“ vorstellen, das im Auftrag des Auswärtigen Amtes 2013 entworfen wurde. Danach werde ich über den Syrien-Krieg als Beispiel dieser Politik sprechen. Anschließend werden Folgerungen aus dieser Politik überprüft, das angekündigte Weißbuch 2016 gehört dazu. Zum Schluss geht es um die Alternative, für die mE die Friedensbewegung einstehen sollte.

Dabei will ich mich nicht mit der Politik anderer Staaten beschäftigen. Dass die USA und ihre Hilfswilligen mit ihrem Krieg gegen den Irak und wieder die USA, Großbritannien und Frankreich mit ihrem Krieg gegen Libyen einen gewaltigen Anteil an den gegenwärtigen Katastrophen haben, soll gar nicht bestritten werden. Wir sind hier aber in keinem wissenschaftlichen Seminar, das die verschiedenen Ursachen der gegenwärtigen Krise bestimmen möchte, sondern in einer Veranstaltung der deutschen Friedensbewegung, die mit der Absicht, Handlungsmöglichkeiten zu suchen, sich mit deutscher Politik beschäftigt, denn wenn wir überhaupt Eingriffsmöglichkeiten haben, dann gegenüber der Bundesregierung. Dabei muss, zugegeben, der internationale Rahmen auch der Verbündeten mit betrachtet werden.

2. Die gegenwärtige Lage - Im Spiegel von Reden von Frau von der Leyen

Ich beginne mit zwei Reden von Ministerin von der Leyen, eine aus dem Jahr 2015, eine aus diesem Jahr, 2016. Beide Reden hat sie bei der Münchner Sicherheitskonferenz gehalten, die man vielleicht doch besser mit dem ihrem alten Namen „Wehrkundetagung“ benennt.
Das Jahr 2015 hat für die Bundesregierung so verheißungsvoll begonnen. Auf der Münchner Tagung sagte die Verteidigungsministerin von der Leyen:

Herr Botschafter Ischinger, …
Sie haben in der Vorbereitung dieser Konferenz ein wirklich lesens- und nachdankenswertes Papier herausgegeben: Den „Munich Security Report 2015“.
Gleich einer der ersten Artikel stellt die durchaus provokante Frage: „Is Germany ready to lead?“ Meine Antwort: Ja, wir sind bereit. Fragt man die deutsche Bevölkerung, ist die Antwort zurückhaltend. 62 Prozent der befragten Deutschen geben an, Deutschland solle sich nicht noch mehr in internationalen Krisen engagieren – nur 34 Prozent sprechen sich dafür aus. …
Aber unsere moralische Verpflichtung ist es auch, mit aller Kraft für die Verteidigung der universellen Menschenrechte einzustehen. Gerade vor dem Hintergrund unserer Geschichte kann Gleichgültigkeit keine Option sein. So müssen wir bei uns in Deutschland unermüdlich erklären und begründen, dass das Einstehen für Einigkeit und Recht und Freiheit heute nicht mehr alleine eine nach innen gerichtete nationale Aufgabe ist. Und wir müssen erklären, dass der weltweite, anstrengende, oft schmerzhafte und auch harte Einsatz für Menschenrechte, Demokratie und Freiheit nicht nur den anderen überlassen werden kann, sondern genauso auch uns angeht.

Hier kann man schon mal fragen, was da gesagt sei soll: Sollen alle Staaten der Welt politisch und ökonomisch so geordnet werden wie Deutschland? Schon die EU zeigt, dass das kaum funktioniert: Einem Export-Land stehen immer Import-Länder gegenüber, die sich verschulden. Oder soll es heißen, dass sich die anderen Länder der Welt nach „unseren“ Bedürfnissen organisieren sollen? Und das dieses auch Aufgabe der Bundeswehr ist, würde sich doch sonst die Verteidigungsministerin Deutschlands sich nicht nicht mit dieser Frage befassen? Ist es eine moralische Mission oder ist es Imperialismus oder eine Verknüpfung beider?

Was bedeutet das konkret? Mehr Verantwortung nur auf diplomatischem Parkett? Oder in der Entwicklungszusammenarbeit? Oder auch in harten militärischen Aktionen? …
Ich möchte sagen, zu welcher Art Führung Deutschland sehr wohl bereit ist: Es ist die Führung aus der Mitte. Dies ist der Anspruch, den unsere Partner an uns haben – und dies sollte auch unser eigener Anspruch an uns selbst sein. Führen aus der Mitte bedeutet, selbst das Beste an Ressourcen und Fähigkeiten in die Bündnisse und Partnerschaften einzubringen. Mehr als für andere gilt das für Deutschland. … Wir verstehen Führen aus der Mitte so, dass dadurch andere Partner mit weniger Ressourcen ihre unverzichtbaren Beiträge auf Augenhöhe einbringen können. …
Führen aus der Mitte – ja, das kann auch bedeuten, gemeinsam zu kämpfen. … In dieser Logik haben wir im vergangenen Jahr gehandelt, von Mali über Afghanistan, den Libanon, Somalia bis zum Irak.
Führen aus der Mitte heißt: die unbedingte Bereitschaft, gemeinsam zu analysieren und gemeinsam zu entscheiden. Keine Nation allein – nicht mal die größte – hat die Mittel, Konflikte auf Dauer erfolgreich zu lösen. Auch wenn Entscheidungsfindungen in Partnerschaften zwischen gleichberechtigten Staaten oftmals nur recht mühsam und langsam erscheinen mögen – diese Entscheidungen beruhen auf einer breiteren Legitimationsbasis und sie erweisen sich im Nachhinein meist als klüger. …
Schauen wir in die südliche Peripherie Europas, so sehen wir eine Allianz von knapp 60 Staaten gegen den Terror der ISIS; Staaten unterschiedlichster Couleur, die der gemeinsame Wille eint, die fürchterliche Barbarei zu stoppen; arabische Staaten der Region, muslimische Staaten und westliche Staaten aus der ganzen Welt. … Auch hier hat Deutschland früh sein Gewicht in die Mitte der Waagschale geworfen – nicht nur zugunsten eines breiten politischen Lösungsansatzes. Unser Land hat nach einer sehr kontroversen innenpolitischen Diskussion auch Tabus aufgelöst. Wir haben neben humanitärer Hilfe auch Waffen und Munition an die Peschmerga geliefert. Und letzte Woche hat der Deutsche Bundestag beschlossen, Truppen für eine Ausbildungsmission in den Nordirak zu schicken.

Das sah ganz nach einer schönen neuen Welt des deutschen Erfolgs aus: Deutschland wird nach Führung in Europa und der Welt gefragt und Deutschland lässt dazu herab, den Kurden im Irak Waffen zu liefern. So spricht der Erfolg. Ein Jahr später, auf der Konferenz von 2016, sah das alles ganz anders aus:

Herr Botschafter, Sie haben vor wenigen Wochen gesagt, derzeit sei „„die gefährlichste Weltlage seit Ende des Kalten Krieges““. Ich bin mir sicher, kaum jemand in diesem Saal wird Ihnen widersprechen wollen. …
Ukraine, die Zukunft der NATO, Cyber und Hybride Kriegführung, Terror und Flüchtlinge. Das sind die Themen dieses Jahres. …
Meine Damen und Herren, Wir erleben doch in diesen Monaten in Europa die Folgen von Krieg und Hass: die größte Flüchtlingswelle seit dem Zweiten Weltkrieg. Sicher, es gab nach 1945 viele Bevölkerungsbewegungen. Doch die aktuelle Fluchtbewegung ist anders:
- in ihrer Dimension – über eine Million in Deutschland;
- ihrer Dynamik – die Zahlen sind über das ganze letzte Jahr exponentiell gestiegen;
- der Heterogenität der Herkunft – vom Westbalkan im Sommer, über Syrer im Herbst und jetzt aus den Maghreb-Staaten und Afghanistan;
- der Fluchtwege – erst über das Mittelmeer, jetzt über die Ägäis und den Balkan.
Und auch die persönlichen Gründe für die Migration sind vollkommen unterschiedlich: Krieg, Terror, politische Verfolgung, aber auch Suche nach Arbeit, einem besseren Leben. Individuell alles legitime Gründe, aber nicht jeder braucht Schutz vor Verfolgung.
Der Migrationsdruck lastet vor allem auf Europa. Und er wird nicht von allein sinken. Er wird auch nicht durch eine einzige Maßnahme sinken. Es braucht in dieser Frage eine systematische Antwort – und die muss europäisch sein. …
Einer EU-Krise – denn das Schengen-Abkommen droht zu zerfallen, weil wir seinen Ausgleich, eine gemeinsame Asylpolitik, nicht hinbekommen.
Die größte Krise aber ist moralischer Natur: Denn die Solidarität unter den EU-Mitgliedstaaten droht zu erodieren. Und das Zukunftsversprechen, das Europa in den vergangenen 70 Jahren war, das Vorbild für Freiheit und Werte, das droht in Xenophobie und Nationalismus unterzugehen. …
Zugleich aber ist jedem klar: Der Zustrom muss sich verringern. …
Aber nationale Maßnahmen reichen nicht. Wir müssen die EU-Außengrenzen mit Mitteln ausstatten, so dass sie ihrer Funktion gerecht werden. …
Aber es geht über die europäischen Grenzen hinaus. An den Außengrenzen treiben hochprofessionalisierte, kriminelle Netzwerke ihr Geschäft mit den Flüchtlingen….
Deshalb ist es gut, dass wir gestern in der NATO beschlossen haben, den ständigen Marineverband in der Ägäis einzusetzen, um gemeinsam mit Fronten die griechischen und türkischen Küstenschutzverbände in ihrem Kampf gegen das Schleuderunwesen zu unterstützen.
Und wir müssen mit den Herkunfts- und Transitländern intensiver zusammen arbeiten. Die Türkei, Jordanien und Libanon beherbergen seit Jahren Millionen Flüchtlinge. Es ist das richtige Signal, dass auf der Konferenz in London mit mehr als 9 Mrd. Euro diesen Staaten Unterstützung zukommt und damit Menschen eine Aufnahme nahe ihrer Heimat ermöglicht wird.
Und da schließt sich der Kreis zu Syrien. Eines Tages wird es dort Waffenstillstände und wieder Frieden geben. Und dann werden die Flüchtlinge in ihre Heimat zurückkehren. Weil sie dort gebraucht werden – für den langwierigen Wiederaufbau. Die Vereinten Nationen rechnen mit mindestens 10 Jahren. Es wäre deshalb gut, den Rückkehrern und ihrer geschundenen Heimat eine Starthilfe in die Zukunft mitzugeben – in Form einer Hilfe zur Selbsthilfe.
Viele können dazu beitragen - auch die Bundeswehr. Wir könnten die ersten Schritte dazu tun mit einem zivilen Ausbildungsprogramm der Bundeswehr. Die Bundeswehr ist einer der größten und vielseitigsten Arbeitgeber Deutschlands. Wir bilden über 100 Berufe aus: vom Elektriker bis zum Feuerwehrmann, vom Maurer bis zum Wassertechniker, vom Minenräumer bis zum Sanitäter, vom Logistiker bis zum Verwaltungsexperten.
Wenn wir die unfassbare Zerstörung von Aleppo sehen, wissen wir alle: Es wird für den Wiederaufbau nicht nur neue Steine brauchen, sondern vor allem Menschen mit Zuversicht, und vielfältigen Fähigkeiten. Und auch andere Europäer könnten sich an dieser Ausbildung beteiligen.
Wenn es als Folge des Wiener Prozesses eine anerkannte und legitime neue syrische Regierung geben wird, ginge es in einer zweiten Stufe auch um die Unterstützung beim Wiederaufbau der syrischen Sicherheitsstrukturen – Polizei und Militär. Doch das liegt noch in der Ferne.

Der Ton hat sich verändert: Keine Führung mehr, auch nicht aus der Mitte. Sondern Bedrohung, bei der es um die Existenz geht, mindestens um die Existenz Europas, womit die EU gemeint ist. Innerhalb eines Jahres, welch dramatischer Wandel! Da scheint sich jemand verguckt zu haben, da ist jemand aus einem Traum gerissen worden, ob er oder sie dabei auch aufgewacht ist, ist eine andere Frage...

3. Der Politikwandel nach Libyen 2011

Was ist da passiert? Dass die Flüchtlingskrise von der politischen Führung nicht vorhergesehen wurde, obwohl sie vorhersehbar war, ist sicher ein wichtiges Moment. Aber was hat dazu geführt, dass die politische Führung Anfang 2015 so hochgestimmt war, geradezu jubelnd: Wir sind wieder wer!

2011 war das noch ganz anders. Die Entscheidung der Bundesregierung, nicht am NATO-Krieg gegen Libyen teilzunehmen hatte eine schwere Krise ausgelöst, einerseits im Verhältnis zu den NATO-Partnern, insbesondere zu Frankreich, andererseits auch innerhalb der deutschen sicherheits- und außenpolitischen Szene. Deutschland war isoliert, sein Einfluss schien zu sinken.


3.1 Das Konzept: Neue Macht - neue Verantwortung

Noch unter Guido Westerwelle arbeitete das Auswärtige Amt in Berlin an einer Neukonzeption deutscher Außenpolitik, die diese wieder anschlussfähig an die Politik der USA, Frankreichs und Großbritanniens machen sollte.

Bundespräsident Gauck hat in seiner Rede auf der Münchener Wehrkundetagung 2014 dieses neue Konzept, Ergebnis eines längeren Diskussions- und Aushandelungsprozesses, der deutschen und der internationalen Öffentlichkeit vorgestellt3:

Deutschland zeigt zwar seit langem, dass es international verantwortlich handelt. Aber es könnte – gestützt auf seine Erfahrungen bei der Sicherung von Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit – entschlossener weitergehen, um den Ordnungsrahmen aus Europäischer Union, NATO und den Vereinten Nationen aufrechtzuerhalten und zu formen. .. . Auch wer nicht handelt, übernimmt doch Verantwortung. ... Manchmal kann auch der Einsatz von Soldaten erforderlich sein.

Wo kommt dieses Denken her? Welche Zukunft hat es? Soll es haben?
Die Antwort findet sich im Konsenspapier „Neue Macht - neue Verantwortung“4, initiiert vom Auswärtigen Amt in Berlin und organisiert von der regierungsnahen „Stiftung Wissenschaft und Politik“ und vom „German Marshall Fund of the United States“5. Es verlangt ein neues Denken für eine anzustrebende risikoreichere und im Zweifel auch gewalttätige deutsche Außen- und Militärpolitik. Die zentrale Größe in diesem neuen weltpolitischen Denken sind nicht mehr die Herausforderungen, vor denen die Menschheit - damit auch Deutschland - steht (Umwelt, Hunger und soziale Krisen, Kriege) mit dem Ziel, an Gemeinsamkeiten zur Bewältigung dieser Herausforderungen zu arbeiten, sondern es geht um die Durchsetzung eigener, neoliberal ökonomisch verstandener Interessen in Kooperation mit Bündnispartnern, vor allem der EU und der USA gegen den Rest der Welt.

Dieser programmatische Text wurde von leitenden Mitarbeitern aus dem Bundeskanzleramt und den für die Außen-, Militär- und Rüstungspolitik zuständigen Ministerien in Berlin, von Mitarbeitern der Stiftungen politischer Parteien, des Bundesverbandes der deutschen Industrie, der Daimler AG, Professoren mehrerer deutscher Universitäten, Bundestagsabgeordneten aus allen Fraktionen, Redakteuren der „Qualitätspresse“ (ZEIT, FAZ) und der unvermeidlichen Bertelsmannstiftung verfasst. Der Text wurde für die Koalitionsverhandlungen veröffentlicht und ist in den Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD von 2013 eingegangen. Die Botschaft an die Nachbarstaaten und -regionen im Süden und Südosten der EU lässt sich einfach zusammenfassen: „Und willst Du nicht mein Bruder sein, so schlag ich Dir den Schädel ein.“ Das wird natürlich höflicher, „wissenschaftlicher“ und langweiliger ausgedrückt:

Die Zäsur von 1990 hat indes bekanntlich die Geschichte nicht beendet – auch nicht die deutsche. Im Gegenteil, Deutschlands strategisches Umfeld hat sich seitdem gewaltig verändert. Die Globalisierung eröffnet neue Freiheits- und Entwicklungsräume, schafft aber auch neue Abhängigkeiten und Verwundbarkeiten und schwächt die Steuerungsfähigkeit staatlicher Politik. Die erklärten Feinde von früher sind vielfältigen, diffusen Sicherheitsrisiken gewichen. Aufsteigende Mächte fordern mehr Teilhabe. Die internationale Nachkriegsordnung wankt, aber eine neue ist nicht in Sicht. Die Vereinten Nationen, die NATO und die Europäische Union befinden sich im Umbruch; insbesondere der europäische Einigungsprozess steckt in der Krise.
Auf diese Veränderungen muss Deutschland reagieren. Bekenntnisse zur existierenden internationalen Ordnung reichen nicht mehr aus. Die unübersichtliche neue Lage und die Lockerung tradierter Bindungen bedeutet aber auch keinen Freifahrschein für deutsche Alleingänge in der Welt. Denn Deutschland hat – das ist das Paradoxon deutscher Außenpolitik nach der Wiedervereinigung – seine formale völkerrechtliche Bindungsfreiheit zurück erhalten zu einer Zeit, in der kaum eine Aufgabe der Außenpolitik mehr im nationalen Alleingang gelöst werden kann.
Mit diesem Problem umzugehen ist die zentrale Aufgabe deutscher Außenpolitik. Vor allem anderen muss sie sich an der Einsicht orientieren, dass Deutschland überdurchschnittlich globalisiert ist. Viele seiner Bürger sind europäisch integriert und welt weit vernetzt, seine Unternehmen operieren auf allen Kontinenten. Deutschland profitiert wie kaum ein anderes Land von der Globalisierung und der friedlichen, offenen und freien Weltordnung, die sie möglich macht. Gleichzeitig ist Deutschland aber auch besonders abhängig vom Funktionieren dieser Ordnung. Es ist damit auf besondere Weise verwundbar und anfällig für die Folgen von Störungen im System.
Das überragende strategische Ziel Deutschlands ist der Erhalt und die Fortentwicklung dieser freien, friedlichen und offenen Ordnung. Deutschland müsste künftig schon mehr tun als jetzt, um diesen für es vorteilhaften Status quo zu bewahren. Es wird erst recht mehr Anstrengungen unternehmen müssen, um regionale und globale Ordnungsstrukturen den veränderten Herausforderungen anzupassen. Das kann es jedoch nur gemeinsam mit anderen tun.
Gefragt sind mehr Gestaltungswillen, Ideen und Initiativen. Deutschland wird künftig öfter und entschiedener führen müssen. Aber unter den Bedingungen von Vernetzung und gegenseitiger Abhängigkeit – und ganz besonders im Rahmen der multilateralen Bindungen, die es selbst gewählt hat (VN, EU, NATO) – kann das nur heißen: führen für gemeinsame Ziele, führen mit anderen und mit Rücksicht auf andere. (S. 2f)
 Deutschlands Bekenntnis zu Menschenwürde, Freiheit, Demokratie und rechtsstaatlicher Ordnung sowie zu einer auf universale Normen gestützten internationalen Ordnung bleibt gültig, ebenso wie die Einbindung der deutschen Außenpolitik in Vereinte Nationen, Europäische Union und atlantisches Bündnis. Vor dem Hintergrund seines veränderten strategischen Umfelds müssen zu dieser Definition deutscher Staatsziele jedoch neue Elemente hinzutreten.
Deutschland mit seiner freien und offenen Bürgergesellschaft lebt wie kaum ein anderes Land von der Globalisierung. Seine gegenwärtige Stärke beruht wesentlich auf seiner Fähigkeit zu Reformen, die seine Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit erhalten haben – aber noch mehr auf seinem Erfolg als Handels- und Exportnation. Es ist existenziell abhängig vom Austausch (von Menschen, Gütern, Ressourcen, Ideen und Daten) mit anderen Gesellschaften. Deutschland braucht also die Nachfrage aus anderen Märkten sowie den Zugang zu internationalen Handelswegen und Rohstoffen. Mehr noch aber braucht es das stabile und vitale globale Umfeld, das diese Freiheiten erst möglich macht: ein starkes Europa, und eine liberale, normengestützte Weltordnung mit freien, offenen Staaten und Gesellschaften. Deutschlands überragendes strategisches Ziel muss es daher sein, diese Weltordnung zu erhalten, zu schützen und weiter zu entwickeln. (S. 5f)
Deutschland hat als überdurchschnittlich globalisiertes Land ein vitales Interesse am Erfolg der europäischen Integration – von der es profitiert hat wie kaum ein anderer Mitgliedstaat. Seine Geschichte, seine Lage, aber noch mehr seine gegenwärtige wirtschaftliche Stärke und sein neues geopolitisches Gewicht geben ihm zugleich eine besondere Verantwortung für den Erhalt und die Fortentwicklung der Europäischen Union. Deutschland wird hier öfter und entschiedener führen müssen; aber für gemeinsame europäische Ziele, und nur für und mit den anderen Mitgliedstaaten.
Die Überwindung der Krise ist außerdem Voraussetzung dafür, dass Deutschland andere strategische Ziele erreicht: ohne wirtschaftliche Gesundung und Stabilisierung der Eurozone kein langfristiger Wachstumspfad für die Bundesrepublik; ohne Überwindung der Krise keine europäische Hebelkraft für Deutschlands globale Ordnungsideen.
Ziel deutscher Europapolitik muss es daher sein, die Gemeinschaft zu vertiefen, um sie zu befähigen, die inneren und äußeren Herausforderungen der Union zu bewältigen. Es geht hier nicht um die Schaffung eines europäischen Superstaats. Wohl aber gilt es, durch weitere Integrationsschritte das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Union wieder herzustellen und die demokratische Legitimität von Entscheidungen in der EU zu ver bessern. Die Stärkung der Eurozone muss dabei austariert werden mit dem Ziel, alle EU-Mitgliedstaaten in der Gemeinschaft zu halten. (S. 29f)
Die internationale Ordnung ist durch die Globalisierung und den Aufstieg neuer Mächte unübersichtlicher und spannungsreicher geworden. Für ein Land wie Deutschland, das von und in der Globalisierung lebt, ist dies eine zweifache Herausforderung. Es muss – einerseits – das überragende strategische Ziel deutscher Außenpolitik sein, dass diese Ordnung friedlich, frei, regelbasiert und auf Kooperation angelegt bleibt. Das erfordert, dass sie an die neue Lage angepasst wird. (S. 30)

Als überdurchschnittlich globalisierter Staat muss Deutschland seine Sicherheitsvorsorge als umfassendes, gesamtstaatliches Risikomanagement (das die Gefahrenabwehr mit einschließt) nach innen wie nach außen begreifen und organisieren. Sicherheitsvorsorge muss dann früher ansetzen, bei den kognitiven Fähigkeiten: Wissen, Wahrnehmung, Analyse, Urteilsfähigkeit und strategische Vorausschau. Eine als Risikomanagement verstandene Sicherheitspolitik umfasst ein breites Spektrum von staatlichen Instrumenten, von der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe über die klassische Diplomatie und die Nachrichtendienste bis hin zum Katastrophenschutz und den robusten Einsatz von Streitkräften. (S. 39)

Unmissverständlich ist diese Passage:
Da aber, wo Störer6 die internationale Ordnung in Frage stellen; wo sie internationale Grundnormen (etwa das Völkermordverbot oder das Verbot der Anwendung von Massenvernichtungswaffen) verletzen; wo sie Herrschaftsansprüche über Gemeinschaftsräume oder die kritische Infrastruktur der Globalisierung geltend machen oder gar diese angreifen; wo mit anderen Worten Kompromissangebote oder Streitschlichtung vergeblich sind: Da muss Deutschland bereit und imstande sein, zum Schutz dieser Güter, Normen und Gemeinschaftsinteressen im Rahmen völkerrechtsgemäßer kollektiver Maßnahmen auch militärische Gewalt anzuwenden oder zumindest glaubwürdig damit drohen zu können. (S. 17)

Welcher Staat auch immer eine andere Ordnung hat als jene, die in Berlin für ihn für richtig halten, wird so lange bearbeitet, bis er sich so verhält, wie das gewünscht wird. Ob außerhalb der EU - Syrien eben - oder innerhalb der EU - Griechenland.

3.2 Die Politik der neuen Macht

3.2.1 Wirtschaftsblockade gegen Syrien

Parallel zur Arbeit am Konzept änderte sich schon die Politik. Deutschland beteiligte sich schon im Mai 2011 an einem Sanktionsbeschluss der EU gegen Syrien7. Jede Art von Handel ist damit praktisch untersagt; es ist noch nicht einmal möglich, dass ein in Deutschland lebender Syrer Geld an seinen Angehörigen in Damaskus überweist. Allerdings ist Handel mit Unternehmen im Bereich der syrischen Opposition erlaubt.

Ein Beispiel aus dem gegenwärtigen Stand8 aus einem Text der Wirtschaftskammer Österreich:

Die EU-Sanktionen beinhalten insbesondere folgende Beschränkungen:
1. Rohöl und Erdölerzeugnisse inkl. Flugturbinenkraftstoffe und Kraftstoffadditive
2. Ausrüstung für Öl-/Gasindustrie (Anhang VI)
3. Kraftwerksbau
4. Ausrüstung für Internet-/Telefonüberwachung
5. Diverse weitere Ausrüstungsgüter
6. Luxusgüter
7. Gold, Edelmetalle, Diamanten, Banknoten, Münzen
8. Militärgüter/Ausrüstung für interne Repression
9. Flüge syrischer Fluglinien
10. Finanzsanktionen - Personenlisten
11. Zentralbank Syriens
12. Finanzdienstleistungen
13. Frachtkontrolle
14. Kulturgüter
ad 1) Rohöl und Erdölerzeugnisse inkl. Flugturbinenkraftstoffe und Kraftstoffadditive:
Die EU verbietet den Import, den Kauf, die Beförderung, die Finanzierung von Rohöl und Erdölerzeugnissen, die in Anhang IV der VO 36/2012 definiert werden, aus Syrien oder mit Ursprung in Syrien. Es ist verboten, im Anhang Va gelistete Flugturbinenkraftstoffe und Kraftstoffadditive unmittelbar oder mittelbar an Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Syrien zu verkaufen, zu liefern, weiterzugeben, auszuführen, zu finanzieren, zu versichern bzw. Vermittlungsdienste im Zusammenhang mit dem Verkauf, der Lieferung, der Weitergabe oder der Ausfuhr der im Anhang der Verordnung angeführten Waren zu erbringen. Es gelten Ausnahmen (Anhang Vb) z.B. für nicht syrische Zivilfluggeräte, für die Verwendung zu humanitären Zwecken, für die Vereinten Nationen, für die Durchführung und Erleichterung von Hilfsleistungen, Evakuierungen, etc.
Zur finanziellen Unterstützung der syrischen Opposition und im Interesse der syrischen Zivilbevölkerung besteht nachstehende Ausnahme (Art 6a):
Die EU-Mitgliedstaaten können die Einfuhr/den Erwerb/die Beförderung von syrischem Rohöl und -ölerzeugnissen, ebenso wie Finanzierung und Versicherung genehmigen, wenn
- die Aktivität der syrischen Zivilbevölkerung, sonstigen humanitären Zwecken, dem Wiederaufbau oder der Wiederaufnahme der normalen Wirtschaftstätigkeit dient
- die nationale Koalition der Kräfte der syrischen Revolution und Opposition zuvor vom EU-Mitgliedstaat konsultiert wurde
- die Tätigkeiten keinen gelisteten natürlichen/juristischen Personen zu Gute kommen und
sonst kein Verbot verletzt wird.

...
EU-Kredit- und Finanzinstitute
Verbot der Eröffnung von Vertretungen, Tochterunternehmen in Syrien; Verbot der Eröffnung neuer Konten bei oder neuer Korrespondenzbankbeziehungen zu syrischen Banken. EU-Banken üben Zurückhaltung bei der Vergabe von neuen Ausfuhrkrediten (Ausnahme: Ernährung, landwirtschaftliche/medizinische/sonstige humanitäre Zwecke).

Zur finanziellen Unterstützung der syrischen Opposition und im Interesse der syrischen Zivilbevölkerung besteht nachstehende Ausnahme (Art 9a):
Die EU-Mitgliedstaaten können die Eröffnung neuer Konten bei einem syrischen Bankinstitut bzw. die Gründung einer neuer Repräsentanz oder Zweigniederlassung von EU-Bankinstituten ind Syrien genehmingen, wenn
- die Aktivität der syrischen Zivilbevölkerung, sonstigen humanitären Zwecken, dem Wiederaufbau oder der Wiederaufnahme der normalen Wirtschaftstätigkeit dient
- die nationale Koalition der Kräfte der syrischen Revolution und Opposition zuvor vom EU-Mitgliedstaat konsulitiert wurde
die Tätigkeit keine gelisteten natürlichen/juristischen Personen zu Gute kommen und
sonst kein Verbot verletzt wird.

Mit anderen Worten: Es geht um die Zerstörung der Ökonomie Syriens, keine explizite Hungerblockade, aber doch eine, die die Produktivität der syrischen Ökonomie äußerst einschränkt.

Das Resultat nach einem Bericht von Karin Leukefeld9:

300.000 Barrel Öl hatte Syrien noch Anfang 2011 täglich gefördert und zum großen Teil nach Europa verkauft. Heute fördert Syrien nach Angaben des Ölministeriums vom April dieses Jahres (2015; HL) nur noch 9.500 Barrel pro Tag. Eine Entscheidung der EU im Mai 2013, die Öl-Sanktionen einseitig zugunsten von Gruppen der syrischen Opposition aufzuheben, hatte zu verstärkten Angriffen auf die syrischen Lagerstätten geführt. Das gestohlene Öl wurde von den Kampfverbänden teilweise an die syrische Regierung verkauft, als Beute an folgsame Stämme im Osten des Landes verteilt oder über die Türkei abtransportiert.

Die Gasförderung ist auf rund die Hälfte zurückgegangen, und nahezu 70 Prozent der Elektrizitätswerke sind außer Betrieb, weil sie nicht mit dem notwendigen Treibstoff versorgt werden können oder – wie der Al-Assad-Staudamm am Euphrat – unter Kontrolle von Terrororganisationen stehen. Die Sanktionen von EU und USA verbieten zudem den internationalen Handel mit Syrien sowie den Geldtransfer, was zu einem Rückgang im Im- und Export von mindestens 50 Prozent geführt hat. Schätzungsweise 60 Prozent des qualifizierten Personals haben Syrien verlassen, vor allem Ärzte. Durch den Einbruch im Tourismussektor fehlen dem Land Devisen.

Ein Appell zur Aufhebung der Sanktionen10 unter der Überschrift „DAS AUSHUNGERN DES SYRISCHEN VOLKES MUSS BEENDET WERDEN!“ resümiert:

Zynisch fragte die Tagesschau bereits am 14. Februar 2012: „Wie lange hält Assads Wirtschaft das durch?“ und fuhr triumphierend fort: „Jetzt geht es Syriens Wirtschaft schlecht. 30 Prozent der Menschen lebten schon vor dem Volksaufstand von nicht viel mehr als einem Euro am Tag. Die Inflation galoppiert. Lebensmittel sind doppelt so teuer, Diesel und Importe knapp. Strom wird selbst in Damaskus drei Stunden abgeschaltet, anderswo länger“. Heute, drei Jahre später, ist das Sozialprodukt Syriens um 60 % eingebrochen, die Arbeitslosenquote von knapp 15 % auf 58 % hochgeschnellt. 64,7 % der Syrer leben in extremer Armut und können sich selbst die notwendigsten Lebensmittel nicht mehr kaufen. In dieser verzweifelten Situation gedeihen Gewalt, Fanatismus, Kriminalität, können Terrororganisationen wie ISIS und Al Nusra leicht rekrutieren.

Dass Menschen das Leben unter diesen, von außen, von der EU und damit auch von Deutschland erzeugten Verhältnissen unerträglich finden und fliehen, kann man nachvollziehen. Allerdings muss dieser Zusammenhang auch hergestellt werden: Die Ursache ist eine Einwirkung von außen. Die Menschen fliehen in ein Land, das für ihr Elend mitverantwortlich ist.


3.2.2 Die „Freunde Syriens“
Eine schon im Februar 2012 gegründete Gruppe aus Staaten und Staatenorganisationen: Der Kern besteht aus den Staaten Ägypten, Frankreich, Deutschland, Italien, Jordanien, Katar, Saudi-Arabien, Türkei, Vereinigte Arabische Emirate, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten und den internationalen Organisationen Afrikanische Union, Arabische Liga, Union des Arabischen Maghreb, Europäische Union, Golf-Kooperationsrat, Organisation für islamische Zusammenarbeit, Vereinte Nationen. Diese Kontaktgruppe hat den „Syrischen Nationalrat“11 als einzige legitime Vertretung Syriens anerkannt, Frankreich und andere sogar als einzige völkerrechtliche Vertretung Syriens. Zu den Kernaussagen dieser Gruppe gehört, dass ein Frieden in Syrien nur ohne Assad möglich sei.

Muriel Asseburg, eine Mitarbeiterin der SWP, beschrieb im Juli 201212 in der Form einer Prognose das Konzept der internationalen Gegner des syrischen Regimes:

Die internationale Gemeinschaft sollte der Realität ins Auge sehen: ... Die Gewalt in Syrien wird nicht durch Verhandlungen, sondern nur durch den Sieg oder die Erschöpfung einer Seite beendet werden. Der Weg dahin könnte durch eine ausgedehnte Phase des Zerfalls staatlicher Strukturen, zunehmender Anarchie, von Vergeltungsakten und im schlimmsten Falle ethno-konfessioneller Gewalt mit genozidalen Ausmaßen führen. ...

Für die „Freunde Syriens“ sollten daher nicht Bemühungen um die Bildung einer Übergangsregierung aus Vertretern von Opposition und Regierung im Vordergrund stehen, sondern konkrete Planungen für den Tag danach. ... Gleichzeitig muss der Druck auf Asad und seine Entourage durch eine Ausweitung der Sanktionen - in Kooperation mit den arabischen Staaten, mit lateinamerikanischen Ländern etc. - weiter erhöht werden. Letztlich steht zu befürchten, dass die Konfliktdynamik solch katastrophale Folgen zeitigt, dass der Westen unter immensen moralischen Druck gerät, direkt militärisch zu intervenieren - auch wenn dafür kein Sicherheitsratsmandat vorliegt. Hierfür sollte die Nato in enger Absprache mit den Arabischen Staaten und den humanitären Organisationen Vorbereitungen treffen.

Diese „Freunde“ beschlossen militärische Hilfe für die Aufständischen. Ein Beispiel, die Konferenz dieser Gruppe in Katar im Juni 2013, dazu der Bericht aus SPIEGEL-Online13:

Die syrischen Rebellen können bei ihrem Kampf gegen das Regime mit weiterer Unterstützung rechnen. Die „Freunde Syriens“ stellen ihnen in einem Beschluss Militärhilfen in Aussicht. Die internationale Gruppe aus elf westlichen und arabischen Staaten, der auch Deutschland angehört, hat bei ihrem Treffen in Katar eine rasche Nothilfe beschlossen.
Den Rebellen solle „dringend alles notwendige Material und Ausrüstung geliefert werden“, beschloss die Gruppe in Doha. Damit solle es den Rebellen ermöglicht werden, den „brutalen Angriffen des Regimes“ von Präsident Baschar al-Assad die Stirn zu bieten.
Die Teilnehmer, darunter auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle, folgten einem Vorschlag der USA. Ausdrücklich wird in dem Beschluss darauf hingewiesen, dass es jedem Land selbst überlassen bleibe, wie es die Aufständischen im Kampf gegen Präsident Baschar al-Assad unterstützen wolle. Während die USA und Frankreich darauf dringen, den Aufständischen Waffen zu liefern, hat Deutschland Waffenlieferungen kategorisch ausgeschlossen. ...
Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat in Doha wiederholt erklärt, Deutschland werde den Aufständischen keine Waffen liefern. „Das erlaubt schon unser Recht nicht“, sagte er. Die Waffen könnten in die falschen Hände fallen, man dürfe nicht Extremisten unterstützen, die auch gegen Assad kämpften. Berlin will die FSA allerdings mit schusssicheren Westen und Sanitätsmaterial ausrüsten.

Ich weiß nicht, ob diese Lieferungen aus Deutschland tatsächlich erfolgt sind. Meine Suche im Internet hat da nichts ergeben. Aber andere Staaten haben geliefert und dabei vermutlich islamistische Gruppen gleich mit unterstützt14:

Die USA und Großbritannien unterstützen die FSA bislang mit Fahrzeugen und Kommunikationsgeräten, nicht aber mit Waffen oder Munition. Andere radikalere Gruppen werden nicht unterstützt. Die Hilfe wird im Wesentlichen über die Türkei geliefert, die ebenfalls die Rebellen im Kampf gegen Machthaber Baschar al-Assad unterstützt. Seit Monaten beobachtet der Westen mit Sorge, dass die FSA im syrischen Bürgerkrieg zunehmend gegenüber radikalen Islamisten wie der Nusra-Front an Boden verliert, die jedoch nicht der Islamischen Front angehört.
FSA-Sprecher Luai Mikdad rief die Regierungen in Washington und London auf, ihre Entscheidung zu überdenken. Auch wenn die Islamische Front sich von der FSA abgespalten habe, kämpfe man weiterhin gemeinsam gegen Assad. „Wir glauben, dass diese Brigaden unsere Brüder sind. Sie wissen, dass wir nicht ihr Feind sind.“
Insgesamt wollten die USA und Großbritannien in diesem Jahr Ausrüstung im Wert von etwa 205 Millionen Euro an die Freie Syrische Armee liefern.

Selbst wenn Deutschland nicht geliefert haben sollte, hat es diese Gruppen, die FSA und anfänglich die islamistischen Gruppen eben politisch mitunterstützt, in einer Reihe mit den in Friedensfragen so zweifelhaften Staaten wie den USA, Frankreich, Großbritannien, Saudi-Arabien, Katar und die Türkei... Und damit hat Deutschland eben auch deren Aktionen unterstützt.
So recht hat diese Politik nicht funktioniert, der „Syrische Nationalrat“ und die „Freie Syrische Armee“ sind kein Erfolg geworden. Die Interessen der verschiedenen Staaten in der Kontaktgruppe waren doch zu unterschiedlich, die Türkei, Saudi-Arabien und Katar setzten und setzen auf die verschienen islamistischen Gruppen.
Die deutsche Syrien-Politik ist in diesem Rahmen momentan mindestens verbal zurückhaltend15:

Außenminister Steinmeier hat am Dienstag (17.03. (2015; HL)) den Präsidenten der Nationalen Koalition der Syrischen Opposition, Khoja, zu einem Gespräch empfangen. In dem Gespräch ging es um mögliche Schritte in Richtung einer politischen Lösung für den Syrien-Konflikt. Steinmeier brachte gegenüber Khoja seine Unterstützung für die Vermittlungsbemühungen des UNO-Sonderbeauftragten de Mistura zum Ausdruck.
„Mehr als 200.000 Tote sind in vier Jahren Bürgerkrieg zu beklagen. Niemand kann wissen, ob (…) jemals wieder ein friedliches syrisches Gemeinwesen entstehen kann.“ Das sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier am Dienstag nach seinem Gespräch mit dem syrischen Oppositionsführer Khaled Khoja.
Im Mittelpunkt der Unterredung im Auswärtigen Amt stand die dramatische Lage in Syrien, in dem sowohl die Terroristen der ISIS und anderer islamistischer Milizen als auch das Assad-Regime jeden Tag fürchterliche Verbrechen begehen und in dem die Suche nach einem politischen Ausweg aus dem Bürgerkrieg in eine Sackgasse geraten ist.
In dieser verfahrenen Lage seien „Frieden und Stabilität nicht mit militärischen Mitteln zu erreichen“, so Steinmeier. Der Außenminister stellte sich in dem Gespräch zudem erneut hinter die Bemühungen des UNO-Sonderbeauftragten Staffan de Mistura, der im Auftrag der Vereinten Nationen nach einem politischen Ausweg aus der Gewaltspirale in Syrien sucht. Steinmeier sagte dazu:
„Der Weg zu einem Ende der Gewalt führt einzig über Verhandlungen für eine politische Lösung, auch wenn das Gespräche mit dem Assad-Regime notwendig macht, wie sie der Sonderbeauftragte der Vereinten Nation, Staffan de Mistura16, derzeit unternimmt.“
Denn, so der Außenminister weiter, „es ist unsere Aufgabe, (…) eine Politik für die Lebenden zu machen, für die Millionen Flüchtlinge, für die zahllosen Frauen und Kinder, die eine Lebensperspektive in ihrer Heimat Syrien verdient haben.“

Die Bedeutung der Gruppe der „Freunde Syriens“ ist gesunken, sie wurde von der Anti-Isis-Koalition ersetzt, an der etwa 50 Staaten teilnehmen. Wie wir wissen, hat es auch von dieser Seite bislang keine offenen militärischen Interventionen des Westens in den Krieg in Syrien gegeben, wenn man darunter den Einsatz von regulären Truppen versteht. Die jetzige Entwicklung der Türkei könnte das auf Dauer ändern, wenn die türkische Luftwaffe „Schutzzonen“ an ihrer Grenze errichtet. Unterstützung der NATO für die Türkei, aber doch verhalten, Abzug der Patriot. Die USA versuchen, eine eigene Söldnertruppe über die türkische Grenze zu installieren und um die 300 eigene Soldaten als Berater unterzubringen. Dazu die von der Türkei aus bombardierende Luft waffe. Die gegenwärtige Eskalation wird, da kann man ja sicher sein, die Flüchtlingszahlen wieder nach oben treiben.


3.2.3 Militärisches Eingreifen?
In der Ausgabe SWP-Aktuell 2012/A 11, Februar diskutierte Markus Kaim, Leiter der Abteilung Sicherheitspolitik des SWP, einem von der Bundesregierung finanzierten Thinktank, der seinen Ursprung bei der „Stiftung Ebenhausen“ hat, diese wiederum beim BND und jener im Wehrmachtsgeheimdienst „Fremde Heere Ost“, Möglichkeiten des militärischen Eingreifens in Syrien:

1) Die erste Handlungsoption wäre der verdeckte Einsatz von Spezialkräften in Syrien, ...
2) Als zweites käme eine Militäroperation in Frage, die den Schutz der syrischen Zivilbevölkerung zum Ziel hat (nach VN-Angaben befinden sich mindestens 95 000 Syrer innerhalb des Landes auf der Flucht bzw. haben Syrien verlassen). Konkret ginge es darum, an der syrisch-türkischen bzw. syrisch-jordanischen Grenze auf syrischem Territorium Schutzzonen (safe areas) zu schaffen. ...
3) Eine weitergehende Option wäre die Sicherung von Gebieten, aus denen heraus die FAS operieren könnte, die (nach eigenen Angaben) aus 15 000 bis 20 000 Deserteuren der regulären Streitkräfte besteht; in diesen Gebieten würden ihre Kämpfer auch von ausländischen Streitkräften ausgebildet und ausgerüstet. ...
4) Bei einer vierten Option ginge es darum, die militärischen Fähigkeiten des Assad-Regimes durch ein Waffenembargo zu schwächen. ...
5) Schließlich bliebe eine Militärinvasion einzelner Nato-Staaten ...

Vor allem zwei Argumente sprechen für eine deutsche Beteiligung an einem militärischen Engagement in Syrien bzw. an der Aufrichtung einer entsprechenden Drohkulisse:
1) ... Weil sich Deutschland überdies nicht an der Libyen-Operation der Nato beteiligt hat, wird es für die Bundesrepublik allein schon aus bündnispolitischen Erwägungen nahezu unmöglich sein, sich einem eventuellen militärischen Syrien-Engagement vollständig zu entziehen. Eine symbolische Beteiligung wird dabei nicht ausreichen.
2) Deutsche Politiker haben in den vergangenen Monaten immer wieder geäußert, dass sie über die humanitäre Lage in Syrien besorgt seien. Zugleich haben sie auf die R2P-Doktrin als eine Leitmaxime deutscher Außenpolitik verwiesen und damit den Erwartungsdruck auf die deutsche Politik erhöht. ... Ein schlichtes »Ohne uns« würde die moralische Glaubwürdigkeit deutscher Außenpolitik massiv unterminieren und die Partner der Bundesrepublik (erneut) fragen lassen, welche Lasten Deutschland denn in der internationalen Politik zu schultern bereit sei.

Wie wir wissen, ist aus all diesen offensiven und aggressiven Militärphantasien nichts geworden. Der Autor, der zu den führenden Beratern der Bundesregierung in Sachen Außen- und Sicherheitspolitik zählt, hatte schlicht übersehen, dass die USA und ihre Verbündeten die Möglichkeit, nach dem neueren Prinzip der „responsibility to protect“ einzugreifen, durch ihren Missbrauch im Fall Libyen schon ruiniert hatten, weil es unmöglich war, an Russland und China vorbei mit eigenen Streitkräften Krieg gegen Syrien zu führen.

3.2.4 Koordinierung der Opposition
Am 29.08.2012 stellten in Berlin in den Räumen der „Stiftung Wissenschaft und Politik“, Arbeitsgruppen syrischer Oppositioneller zum „Day After“ dem Sieg über das damalige syrische Regime vor17. Die SWP stellte zusammen mit einem US-Institut die gesamte erforderliche materielle Infrastruktur. Es ging darum, ein gemeinsames Ziel aller oppositioneller Gruppen zu formulieren, um diese und weitere Gruppen zusammenfassen zu können.

Deutsche Welle: Ms. Asseburg, for the past few months, a group of Syrian opposition activists have been meeting at the German Institute for International and Security Affairs (SWP) discussing plans for a peaceful transition once President Bashar Assad’s regime falls. How did the project come about?

Muriel Asseburg: The initiative for the project came from a group of Syrian exiles. They wanted to discuss the challenges of the period after regime change. They also wanted to win over those Syrians who have been skeptical or even dismissive of the purpose of the revolution. They also want to send a signal to the international community that the opposition can work together and has a clear idea of how their country should develop after the revolution. ...
They are expressly not called up as representatives of various political parties or alliances, but because of their specialist knowledge, their personality. Nevertheless, they made sure that the most important religious and ethnic groups and the most important political movements were on board. The participants belong partly to the internal, and partly to the exiled, opposition. ...

How do the participants see Germany’s role specifically?

Even if the participants would like it otherwise, they do have a certain amount of understanding that Germany has been reluctant on the question of military intervention. They also acknowledge that Germany has been providing humanitarian aid. And they value the fact that Germany, along with the United Arab Emirates, has been working towards Syria’s economic recovery.

Ganz am Schluss das eigene Interesse: Ganz vorne dabei sein, wenn die syrische Ökonomie neu eingerichtet wird. Und da


3.2.5 Zwischenergebnis
In der deutschen Öffentlichkeit wird dieser Teil der Politik Deutschlands gegenüber Syrien und dem Krieg kaum zur Kenntnis genommen. Das ist sicher auch damit zu erklären, dass Deutschland in den letzten Jahren, nachdem die von ihm gesponsterten Oppositionsgruppen an Bedeutung verloren haben, kaum noch einen bedeutsamen Ansprechpartner im syrischen Bürgerkrieg hat. Vergessen darf man aber nicht, dass die deutsche Politik diesen Krieg mit beschleunigt und vertieft hat, als es

  1. sich führend an den Wirtschaftssanktionen gegen Syrien beteiligte,
  2. die Herausbildung einer militärischen Opposition politisch unterstützte,
  3. die Opposition politisch koordinierte.

Es zeigen sich darin exemplarisch Strategie- und Taktik-Elemente einer Politik, die darauf zielt, unerwünschte politische Regimes in fremden, souveränen Staaten auszuwechseln. Jene gesellschaftlichen Kräfte, die in Distanz oder gar in Opposition zum Regime stehen, werden nicht nur mit Propaganda angesprochen, sie werden vielmehr materiell so ausgestattet, beraten und zusammengefasst, dass sie wirksam auftreten können. Die Volkswirtschaft des betreffenden Landes wird von außen durch Wirtschaftsblockaden so unter Druck gesetzt, dass das Inlandsprodukt sinkt. Die Autorität des Regimes soll damit in der Hoffnung geschwächt werden, dass die Bevölkerung oppositionell wird. Der Fall Syrien zeigt, dass es dabei prinzipiell keine Grenzen gibt: Auch wenn den Menschen das einfachste Überleben unmöglich wird, ist das kein Anlass, zu einem Minimum an Humanität zurückzukehren. Die politischen und militärischen Niederlagen des Westens in Afghanistan und letztlich auch im Irak machen es auf absehbare Zeit unmöglich, in anderen Staaten zu intervenieren. Deshalb erscheint es auf den ersten Blick als sinnvoll, diese Kriege von lokalen Stellvertretern führen zu lassen. Der letzte Irak-Krieg dauerte vom 20. März 2003 bis zum 14. April, dann war die letzte größere Stadt des Irak erobert. Zukünftige Kriege des Regime Change dagegen können ein paar lange Jahre dauern, das stört so sehr nicht, wenn es nur nicht die eigenen Soldaten sind, die hineingezogen werden.

Zwei Dinge sind hierbei nicht bedacht:
  1. Es wird sich immer zeigen, dass diese Kriege nicht wirklich gesteuert werden können. Dass die FSA durch die IS abgelöst wurde, der Westen im Augenblick keinen Einfluss mehr auf eine wichtige militärische Formation hat, war für gründliche Kenner der Verhältnisse vor Ort vielleicht voraussehbar, die Politik steht jedoch reglmäßig unter sovielen Anforderungen, dass sie gar nicht präzise steuern kann.
  2. Solche Kriege haben Verwüstungen und Verelendungen in einem Maße zur Folge, dass auch die Nachbarländer davon berührt werden. Die jetzige Flüchtlingsbewegung ist eine Folge solcher Politik. Das kann in vielen Ländern wieder Krisen und Kriege ganz eigener Art hervorrufen.

Aber genau nach diesem Muster soll, wenn es nach dem Konzept der „Neuen Macht - Neue Verantwortung“ geht, in Zukunft deutsche Außenpolitik gemacht werden.

3.2.6 Bisherige Folgen des Konzepts der neuen Macht

Das Papier „Neue Macht....“ scheint einen geraden Durchmarsch dieser neuen Weltpolitik zu erwarten. Risiken werden kaum angesprochen. Diese Politik ist natürlich risikoreich. Vor allem: Sie kann Ereignisse und Abläufe lostreten, mit denen sie gar nicht gerechnet hat. Als über die Angriffe auf Libyen diskutiert wurde, wurde nicht bedacht, dass da ein multiethnischer Staat so zerlegt werden könnte, dass auf absehbare Zeit keine neue Ordnung entsteht. So auch beim Überfall auf den Irak, so wird es kaum anders sein, wenn das Assad-Regime in Damaskus gestürzt werden sollte. Aus den USA gibt es Überlegungen, Syrien ethnisch so aufzuteilen, wie es schon im Irak geschehen ist. Vor solch einem Vorgang kann einem Beobachter nur grausen, es wäre die Neuauflage aller Balkankriege des letzten Jahrhunderts in der arabischen Hinterlassenschaft des osmanischen Reiches. Was das für das Problem mit Flüchtlingen bedeutet, man mag es sich gar nicht ausmalen ...

Und, wer weiß, bald werden unsere Bahnhöfe von Griechen und Ukrainern bevölkert sein, wir haben ihnen ihre Länder doch so wirkungsvoll gestaltet... Die gegenwärtige Flüchtlingskrise ist auch - wenn auch nicht nur - Resultat dieser deutschen Politik. Sie hat dazu beigetragen, Syrien in ein Schlachthaus zu verwandeln, aus dem die Menschen fliehen. Weil die Nachbarstaaten nicht bereit oder nicht in der Lage waren sind, die Flüchtlinge unterzubringen, fliehen einige weiter nach Norden. Weil die nach dem Dublin-Abkommen als erste zuständigen Ländern an den EU-Außengrenzen die Herausforderunge nicht bewältigen konnten und dieses auch in Zukunft nicht schaffen werden, ist das Problem zu einem geworden, dass den inneren Zusammenhang der EU bedroht. War die deutsche Regierung in der Griechenland-Krise noch die Vormacht der EU, die mögliche Abweichler auf Linie bringen konnte und die griechische Linksregierung zur Kapitulation zwingen konnte, steht sie in dieser Krise recht allein auf weiter Flur: Es gibt keine Koalition der Willigen, die gemeinsam mit Deutschland Flüchtlinge in Europa „fair“ verteilen. Vielmehr ist von einem rein deutschen Problem die Rede. Deutschland ist, wie jemand schrieb, eben nur „halber Hegemon“18 in Europa: Wenn seine Interessen mit denen anderer Staaten in Übereinstimmung gebracht werden können, kann Deutschland das EU-Europa „aus der Mitte“ (v.d.Leyen) führen; die griechischen Auslandsschulden betreffen auch Banken anderer EU-Staaten. Bei der Flüchtlingsfrage geht es aber um die Übernahme von Lasten ohne Aussicht auf Gewinn. Die Mitverursacher-Staaten Frankreich und England machen nur sehr eingeschränkt mit, eigentlich wollen sie keine Flüchtlinge aufnehmen, die ost- und mittelosteuropäischen Staaten verweigern sich. Der für solche Streitfragen vorgesehen Mechanismus der Abstimmung im EU-Ministerrat wird gar nicht erst versucht: Würde man in dieser hochpolitischen Frage einen Verteilungsmechanismus gegen den Willen verschiedener Staaten beschließen und diese Staaten würden diesen Beschluss dann einfach nicht umsetzen, wäre eine tiefgreifende Krise der Institutionen der EU offensichtlich. Diese aggressive Außenpolitik schlägt also in die EU und dort genau auf die Grundlage des Führungsanspruchs der deutschen Außenpolitik zurück. Die deutsche Politik musste sich letztlich den widerstrebenden Staaten Ungarn, Polen und dann auch Österreich anpassen, von Frankreich und Großbritannien, die von vornherein nicht mitmachten, ganz abgesehen. Das Jahr 2015 brachte der deutschen Außen- und Europapolitik grundlegende Niederlagen.

Die innenpolitischen Folgen seien nur kurz benannt: Die Aufnahme von Flüchtlingen kostet viel Geld, schafft Auseinandersetzungen, teilweise sogar mit neuen unerwünschten politischen Kräften, macht Wahlausgänge unvorhersehbar, stört empfindlich die Grundlagen des politischen Systems, erschwert das Regieren erheblich usw. usf.

So jedenfalls haben sich die frohgemuten Autoren des Papiers von der „Neuen Macht“ das Resultat ihres Wirkens vermutlich nicht vorgestellt. Das bisherige Ergebnis verringert die Möglichkeiten Deutschlands, in Europa zu führen und aus Europa, führend aus der Mitte, Weltpolitik zu beeinflussen.

3.3 Wie weiter?

Die Frage ist, was lernt man aus diesem Scheitern? Da gibt es immer zwei Möglichkeiten: Die einen sagen, dass der bisherige Weg nicht konsequent genug gegangen worden ist und man den Gang verstärken muss, während andere sagen, dass das der falsche Weg sein könnte und mindestens vorsichtige Korrekturen verlangen.

3.3.1 Die Konfrontationen verschärfen

Den ersten Standpunkt vertritt Michael Rühle, ein hochrangiger NATO-Planer19. Er schrieb im Februar 2016 in der Online-Ausgabe von „Internationale Politik“, dem Organ der „deutschen Gesellschaft für auswärtige Politik“ in einem Text, der sich vorwiegend mit dem Verhältnis zu Russland beschäftigt. Der (aggressive) Geist dieses Textes für uns von Bedeutung:

 Symbolische Sicherheitspolitik
Deutschland leidet noch immer an seinen Strukturproblemen

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz vor zwei Jahren haben führende Politiker von einer neuen deutschen Verantwortung gesprochen. Doch hat sich seither etwas getan? Nein! Trotz der Einsätze auf dem Balkan und in Afghanistan verharrt die Politik vornehmlich im Symbolischen und scheut militärische Risiken. Fünf Wegweiser für eine realistischere Sicherheitspolitik. ...
„Es gibt keine militärischen Lösungen.“ Ein Satz, der beruhigen soll, und der dennoch beunruhigt. Denn wer ihn zur Maxime seines Handelns macht, öffnet dem Gewaltbereiten Tür und Tor. Nirgendwo zeigt sich dies deutlicher als am Beispiel Russlands. Dessen Verhalten zeigt nicht nur, dass das westliche Konzept vom „Wandel durch Handel“ nicht greift; Moskau hat auch demonstriert, dass militärische Macht sehr wohl manche Probleme löst. Der Einsatz militärischer Gewalt durch Russland hat nicht nur der Westorientierung Georgiens und der Ukraine erst einmal einen Riegel vorgeschoben, er hat auch anderen Staaten in Russlands „Zone privilegierter Interessen“ (Dmitri Medwedew) verdeutlicht, welches Risiko sie bei dem Versuch eingehen, sich aus Moskaus Umklammerung zu lösen. In Syrien hat der Einsatz russischer Streitkräfte den Kreml als Verhandlungspartner des Westens wieder hoffähig gemacht – und zugleich die USA düpiert. ...
Es ist auch die Einsicht, dass eine prinzipiengeleitete westliche Ordnungspolitik nur dann eine Chance hat, wenn hinter ihr die Bereitschaft steht, notfalls auch Gewaltmittel einzusetzen. ...
Deutschland macht hier keine Ausnahme. Es unterstützt die Kurden im Nordirak mit Waffen und Ausbildern – ein Schritt, der noch vor wenigen Jahren eine politische Kontroverse ausgelöst hätte. Nach dem Terroranschlag in Paris schickte man Aufklärungstornados in den Nahen Osten und ein Schiff ins Mittelmeer. Schon kurz nach Beginn der Ukraine-Krise hatte sich Berlin verpflichtet, durch die Bereitstellung von Kernelementen für die neue schnelle Eingreiftruppe der NATO eine wichtige Rolle beim Schutz der mittel- und osteuropäischen NATO-Verbündeten zu übernehmen. Und Deutschland hat sich auch die Forderung der NATO nach einer zumindest perspektivischen Anhebung des Verteidigungshaushalts auf 2 Prozent des Bruttosozialprodukts zu eigen gemacht.
Man kann diese Entscheidungen als Ausdruck einer neuen deutschen Verantwortung sehen, die Bundespräsident, Außenminister und Verteidigungsministerin vor zwei Jahren einträchtig auf der Münchner Sicherheitskonferenz artikulierten. Doch an den Strukturproblemen der deutschen Sicherheitspolitik hat sich bislang nichts geändert. Im Gegenteil. Diese Entscheidungen zeigen geradezu exemplarisch die Grenzen dieser Politik. So ist die Beteiligung an der militärischen Koalition gegen den „Islamischen Staat“ so dosiert, dass keine Verwicklungen in Kampfhandlungen zu befürchten sind. Den Schutz der östlichen NATO-Verbündeten will man durch die rasche Zuführung von Verstärkungskräften bewerkstelligen, um so die Stationierung größerer NATO-Verbände in der Region – und damit weitere Irritationen im Verhältnis zu Russland – zu vermeiden. Und die Erhöhung des Verteidigungshaushalts ist so gering, dass sein Anteil am Bruttosozialprodukt sogar noch weiter sinkt.
Für jede einzelne dieser Entscheidungen mag es gute Gründe geben. Zusammen ergibt sich jedoch das Bild einer Sicherheitspolitik, die trotz der Einsätze auf dem Balkan und in Afghanistan noch immer vornehmlich im Symbolischen zuhause ist und militärische Risiken scheut. ...
Eine realistische Sicherheitspolitik: Fünf Wegweiser
1. Die militärische Zusammenarbeit mit den USA muss weiterhin an erster Stelle stehen, unabhängig davon, ob diese Kooperation im Rahmen der NATO oder – wie gegenwärtig im Nahen Osten – in Ad-hoc-Koalitionen erfolgt. ...
2. Auch eine neue amerikanische Führung wird von den Europäern mehr Lastenteilung verlangen. Europa wird deshalb auch ohne eine „Europa-Armee“ mehr Verantwortung für die Sicherheit des Kontinents und seiner Peripherie übernehmen müssen. ...
3. Der deutsche Verteidigungshaushalt ist ein kritischer Indikator für die deutsche Bereitschaft zur transatlantischen wie innereuropäischen Lastenteilung. ...
4. Die sicherheitspolitische Debatte in Deutschland muss sich weitaus stärker an militärischen Realitäten orientieren. Dies ist nicht einfach, da sich die militärische Führung längst nicht mehr zu Wort meldet. Dennoch kann die deutsche „strategic community“ mehr leisten, als man ihr bisher abverlangt hat. Seriöse Russland-Expertise, auf die man in den vergangenen 20 Jahren offenbar verzichten zu können glaubte, ist wieder gefragt. Gleiches gilt für Fragen nuklearer Abschreckung und Nichtverbreitung. Auch die deutsche Islamforschung, die sich bei Terrorismusfragen vornehm zurückhält, könnte wertvolle Beiträge zur Strategiedebatte liefern. Und das Verständnis von Amerika und seiner Außen- und Sicherheitspolitik sollte weiter reichen als bis zum NSA-Skandal und der Chlorhühnchen-Verschwörung.
5. Deutschland muss sich endgültig von der Vorstellung lösen, es könne seiner sicherheitspolitischen Verantwortung in erster Linie durch eine Form des militärischen Engagements gerecht werden, das sich auf sekundäre Aufgaben beschränkt. Der Reflex, sich selbst militärisch ins Spiel zu bringen, dann jedoch lediglich risikoarme Unterstützungsaufgaben – noch dazu mit hoffnungslos überaltertem Gerät – übernehmen zu wollen, sendet das falsche Signal. Statt Solidarität und Entschlossenheit zu demonstrieren, setzt man sich dem Verdacht aus, seine militärischen Unzulänglichkeiten bewusst zu kultivieren, um nicht handeln zu müssen, oder – idealerweise – gar nicht erst zum Handeln aufgefordert zu werden.
Von Rühle wird der Versuch von 2013, mit „Neuer Macht - neuer Verantwortung“ einen Weg deutscher außenpolitischer Hegemonie in Europa zu gehen, zurückgenommen: Die USA werden nach den Präsidentenwahlen den Obama-Kurs der Zögerlichkeit aufgeben und Deutschland hat diesem Weg zu folgen. Russland ist wieder als Feind zu nehmen wie vor 1989. Deutschland muss nicht nur sagen, dass es bereit sei, Kriege zu führen, es muss es auch tatsächlich tun. Dazu muss es aufrüsten.
Der Text enthält nicht den Hauch eines Hinweises auf eine Politik gegenseitiger Sicherheit: Sicherheit ist vor allem militärisch zu gewinnen, nicht nur durch Abschreckung, sondern auch durch militärische Einsätze.
Es ist offenkundig, dass dieser Ansatz das Problem, wie Kriege und Krisen bis ins Zentrum Europas durchschlagen, nicht löst. Wird dieser Ansatz verfolgt, muss Europa mit riesigen Kosten zur Festung ausgebaut werden, indem um NATO-Europa herum zu Lande, im Wasser und in der Luft ein Abwehrsystem gegen illegale Grenzübertritte aufgebaut, das in Technik und Praxis an die Grenze zwischen den Systemen in Europa vor 1989 erinnert. Man sieht so etwas ja schon. Andernfalls werden die bisherigen Fluchtbewegungen Richtung Europa nur ein lindes Lüftchen sein gegenüber dem, was Europa dann erwartet. Die Vorstellung, die Abschreckung und Zerstörung aller im Osten und im Süden Europas auch nur potentiellen Störer und Gefährder wäre möglich, ohne dass Europa im Kern selbst Opfer dieser Politik ist, zeigt nach den Erfahrungen der letzten Jahre und Jahrzehnte einen äußerste politische Naivität.


3.3.2 Kooperation und Entspannung
Den Zweien Standpunkt möchte ich zunächst am Beispiel eines Interviews erläutern, das der Deutschlandfunk am 10.10.2015 mit dem früheren Generalinspekteur der Bundeswehr Harald Kujat geführt hat.

Kujat argumentiert mit Interessen und den Möglichkeiten, sich auf dieser Basis abzustimmen.

Deutschlandradio Kultur: Sprechen wollen wir in dieser Sendung über zwei hochbrisante Krisenherde, nämlich über Syrien und über Afghanistan. - Herr Kujat, vor gut vier Wochen hatten sie angeregt, der Westen solle mit Russland eine große Allianz eingehen, um den Syrienkrieg zu beenden. Inzwischen ist Moskau militärisch aktiv in der Region, aber wohl nicht so, wie man sich das wünscht. Präsident Putin lässt nicht nur die Terrororganisation IS, also den Islamischen Staat, mit Luftschlägen attackieren, er greift auch syrische Rebellen an, die von den USA unterstützt werden.
Halten Sie es gleichwohl noch für möglich, mit Russland eine Allianz einzugehen in Syrien?
Harald Kujat: Ich halte es für möglich. Ich hoffe es auch, dass letzten Endes sich alle darüber im Klaren sind, dass man nur gemeinsam ein gemeinsames Ziel auch erreichen kann. Dieses gemeinsame Ziel ist ja, den Bürgerkrieg zu beenden, diesen furchtbaren Krieg, der nun seit über vier Jahren dort tobt und der auch zu diesen Flüchtlingsbewegungen geführt hat - ein Problem, das uns alle in Deutschland bewegt. ... Das heißt also, dieses Ziel - habe ich jedenfalls den Eindruck, Putin hat das ja auch so erklärt - ist das Ziel Putins. Und das ist auch das Ziel des Westens. Die Frage ist also: Kann man sich über den Weg zu diesem gemeinsamen Ziel verständigen? Und das ist bisher leider nicht der Fall. ...
Man muss sagen, das wird ja immer wieder diskutiert, welches sind die Ziele Putins, aber natürlich will Russland seinen Einfluss in dieser Region festigen und Zugang zum Mittelmeer haben. Man sieht ja auch den Zusammenhang zum Beispiel mit dem Konflikt in der Ukraine. Nur die Krimhalbinsel garantiert den Russen eine Seebasis, die es ihnen erlaubt, den Zugang zum Mittelmeer zu haben. Und nur eine logistische Basis im Mittelmeerraum, in diesem Fall in Syrien, erlaubt es den Russen, diese Präsenz im Mittelmeer aufrecht zu erhalten. Also, hier kommen strategische Ziele und die Ziele, die mit diesen Krisen, mit diesem Krisengürtel muss man schon sagen, der sich von Libyen über den Irak bis nach Syrien und sogar bis in den südlichen Kaukasus erstreckt, zusammen. Also, das ist das Ziel, das Russland verfolgt, hier Einfluss zu halten und im Grunde genommen auch die südliche Krisenregion südlich von Russland abzuschirmen gegen den Einfluss terroristischer und islamistischer Kräfte. Das ist es, was sie verfolgen.20

Solche Auffassungen sind ja nicht neu. Reinhard Mutz, früher einer der Direktoren des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg Ende 2014, also ein Jahr vor Kujat21:

„Jetzt kommt der Winter, dann der Regen, dann die Kälte, dann der Tod.“ In apokalyptischen Bildern beschrieb Gerd Müller, der deutsche Entwicklungshilfeminister, kürzlich die Lage in und um Syrien auf der internationalen Flüchtlingskonferenz in Berlin.
Jeder zweite Syrer, zehn Millionen Menschen leben heute kriegsbedingt an einem anderen Ort als zu Beginn des Aufstands gegen das Regime Assad. Syrien ist die Staatsruine einer Trümmerwüste mit einer zur Hälfte entwurzelten Bevölkerung. Und die trostlosen Trecks der Zuflucht Suchenden nehmen kein Ende, weil die Gewalt kein Ende nimmt.
Deshalb ist es richtig, ja geradezu zwingend, die internationale Öffentlichkeit aufzurütteln und an die Notwendigkeit zu erinnern, sowohl den Flüchtlingsmassen als auch den längst an ihre Kapazitätsgrenzen gelangten Aufnahmelagern in den Anrainerstaaten ein weiteres Mal über den Winter zu helfen. Humanitäre Versorgung rettet Leben, aber sie ersetzt nicht das politische Engagement.
Dabei herrscht durchaus Einvernehmen darüber, dass einzig eine substanzielle Konfliktlösung die syrische Tragödie beenden kann. ...
Wann denn, wenn nicht jetzt, entschließt sich der Westen, einige Grundpfeiler seiner Mittelost-Politik zu überdenken?
In Syrien wird nichts dringlicher als ein Waffenstillstand gebraucht, egal wer ihn vermittelt und nötigenfalls durchsetzt, nur haltbar muss er sein. Denn ohne ein verlässliches Ende des Blutvergießens wären schon erste Sondierungen über eine dauerhafte Konfliktregelung chancenlos. ...
Und verhandelt werden soll dann mit Assad, dem Diktator, der Krieg führt gegen sein eigenes Volk? Natürlich auch mit ihm!
Bisher beschränken sich die Geländegewinne der Terrormiliz „Islamischer Staat“, so spektakulär sie auch sind, auf zwei Länder, die durch langjährige Kriege und schwerste Kriegsfolgen geschwächt sind: Syrien und Irak. In beiden Fällen trägt die westliche Politik Mitverantwortung.
Alles was die Widerstandskraft gegen den weiteren Zerfall stärkt, wäre nicht nur ein Akt der Wiedergutmachung. Es läge auch im höchst eigenen Interesse.

Die gegenwärtige Eskalation des Krieges hätte vermieden werden können, hätte der Westen und die vom Westen unterstützte Opposition nicht so unsinnige Kriegsziele gehabt.

Oder, auch diese Auffassung gibt es: Diese Kriegsziele waren gar nicht unsinnig, den ihr Sinn bestand schlicht in der Verlängerung des Krieges dort. Und das ist ja vielleicht aus mancher Sicht dann auch gut so.

4. Zum Weißbuch 2016

4.1 Hybride Kriegsführung
Das Weißbuch 2016 soll im Sommer erscheinen, ich kann hier also noch nichts Genaues über den Inhalt sagen. Aber es gibt auf der Homepage des Bundesverteidigungsministeriums einen großen Abschnitt, der dem neuen Weißbuch gewidmet ist. Es entsteht nicht in der Stille einer Amtsstube, sondern in einem vom Ministerium organisierten und laufend dokumentierten Diskussionsprozess mit Workshops, Einzelbeiträgen usw, den „Weißbuchprozess“. Ich habe mir für diese Veranstaltung den bisher letzten Beitrag angeschaut. Dort geht es um die „hybride Kriegsführung“. Dieser Begriff ist in den letzten Jahren aufgekommen.

Elemente dieser Kriegsführung sind:

- Einsatz von verdeckt kämpfenden Truppen, bzw. Soldaten und militärische Ausrüstung ohne Hoheitszeichen, die auf fremdem Territorium operieren,
- Nutzung von umfänglichen Kampfmitteln, die auch atomare, biologische, chemische und improvisierte Sprengmittel beinhalten können,
- Desinformationskampagnen
- und in der Neuzeit zusätzlich durch Cyberattacken.22

Dazu ein Gespräch auf der Seite des BMVtg zum Weißbuch mit Carsten Breuer, dem Chef der Arbeitsgruppe zum Weißbuch 1623:

Carsten Breuer: In der Tat haben wir es mit zahlreichen Gemeinsamkeiten zu tun. Allerdings ist es mit Blick auf unsere Reaktion natürlich auch wichtig, die Unterschiede in den Blick zu nehmen. Von Asymmetrie sprechen wir in der Regel dann, wenn unterschiedliche Mittel zum Einsatz kommen oder sich die Konfliktparteien hinsichtlich ihrer Fähigkeiten, Strategien und Taktiken deutlich voneinander unterscheiden. Die Besonderheit der Hybridität ist, dass man plötzlich ein Ereignis, eine Störung feststellt, die nicht mehr klar auf den wirtschaftlichen, den militärischen oder den sozialen Sektor eingrenzbar ist. Es ist kennzeichnend für hybride Bedrohungen, dass Angriffe bewusst auf den staatlichen und gesellschaftlichen Bereich zielen.

Wenn man sich die Ukraine anschaut: Was hat uns denn eigentlich daran so verblüfft? Ich glaube, es war neben den wirklichen Gefechtshandlungen vor allem die Art der Propaganda, die dort angewendet wurde. Hybridität beinhaltet aber nicht nur verschiedene Elemente, sondern zudem eine ganz bewusste Verwischung der Grenze zwischen Krieg und Frieden. Ist es schon Krieg? Oder ist es noch Frieden?

Unsere Mechanismen zur Konfliktlösung bauen allerdings noch weitgehend auf dem Konzept der Staatlichkeit auf. So beruht das Völkerrecht vor allem auf Staatlichkeit. Und nun haben wir es vermehrt mit nicht-staatlichen Akteuren zu tun, sicherlich im Nahen Osten; beispielweise mit dem IS. Plötzlich haben sie diese staatliche Bindung nicht mehr immer mit dabei. Was heißt das für unsere Reaktion? Was heißt das für die Bedrohung unserer Gesellschaften?

Burkhard Schwenker: Auch, wenn ich zutiefst davon überzeugt bin, dass man Krieg nicht mit Wirtschaft vergleichen sollte – was Hybridität betrifft gibt es natürlich schon ein paar Gemeinsamkeiten: Entwicklungen sind schwer vorhersehbar, vieldeutig, in ihren Konsequenzen nicht mehr klar einschätzbar. Weil Sie heute, gerade vor dem Hintergrund der Digitalisierung, nicht mehr genau wissen können, woher eine Bedrohung ihres Geschäftsmodells kommt. Dass erzeugt dann genauso dieses Gefühl der Hilflosigkeit; alle klassischen Instrumente greifen nicht mehr. Wie soll man eine Wettbewerbsanalyse durchführen, wenn man nicht mehr sagen kann, wer der zukünftige Wettbewerber ist? Bedrohungen entstehen vermeintlich zufällig, möglicherweise aus Industrien, an die noch niemand gedacht hat.

Carsten Breuer: Es ist ja sicherheitspolitisch und häufig auch militärisch nichts Anderes. Sie können nicht mit Bestimmtheit sagen, wer Ihr Gegenspieler ist. Sie wissen auch nicht, welche Instrumente ein möglicher Gegner einsetzt.

Burkhard Schwenker: … und welche Ziele er möglicherweise damit verbindet.

Carsten Breuer: Genau. Wenn man heute sagt, das sicherheitspolitische Umfeld ist volatil, dann wird das immer belächelt, weil das ja so klar zu sein scheint. Aber es ist natürlich genau diese Volatilität, die dann enorme Herausforderungen für alle klassischen Instrumente der Sicherheitspolitik beinhaltet. Darauf kann man nur mit Flexibilität reagieren. Das wiederum heißt, man muss sich ein breites, ein flexibles Instrumentarium schaffen, mit dem man auf derartige Bedrohungen reagieren kann.

Was heißt: Man muss auf alles, was überhaupt denkbar ist, vorbereitet sein, die maßlose Entgrenzung des Sicherheitsbegriffes, der Sicherheitspolitik. Hintergrund ist wohl die wahrgenommene Niederlage der NATO-Propaganda in Sachen Ukraine24, auf die mit eigener institutionalisierter Desinformation geantwortet werden soll25. - Das Interview geht weiter:

Burkhard Schwenker: Ich bin völlig Ihrer Meinung. Wobei das ja leichter gesagt als getan ist, denn heute müssen wir unter Ungewissheit entscheiden – weder Richtung noch Geschwindigkeit von Veränderungen lassen sich verlässlich vorhersagen. Für mich verändert das alles. Früher konnten wir unter Risiko entscheiden, das heißt es gab zwar mehrere Alternativen, aber die Wahrscheinlichkeiten waren bekannt und wir konnten mit hinreichender Sicherheit die beste Alternative auswählen. Die nächste Stufe war dann die Entscheidung unter Unsicherheit. Hier kennen wir die Wahrscheinlichkeitsverteilungen nicht mehr, aber wir wissen immerhin noch, welche Ereignisse überhaupt eintreten könnten. Ungewissheit unterscheidet sich nun dadurch, dass wir weder die Wahrscheinlichkeiten kennen, noch die möglichen Ereignisse. In diesen Situationen versagen alle klassischen Planungsinstrumente.

Carsten Breuer: Das erinnert natürlich sehr stark an den ehemaligen US-amerikanischen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld.

Burkhard Schwenker: Ja, die unknown unknowns. Ich könnte auch Ringelnatz zitieren: „Sicher ist, dass nichts sicher ist. Selbst das nicht!“ Aber die Implikationen gehen weit darüber hinaus: Wir müssen unsere Planungsinstrumente überdenken, Führung wird wieder wichtiger, wir brauchen Mut und Überzeugungen, um Entscheidungen zu treffen.

Die angeblich neue Unübersichtlichkeit führt also nicht etwa zu einem neuen Versuch, Übersichtlichkeit zu gewinnen, womöglich in Kooperation mit einem potentiellen Feind, sondern zu „Mut zur Entscheidung“ in einem völlig entgrenzten Bereich, zu neuer und gesteigerter Irrationalität26: „Wie wissen zwar nicht, was los ist, aber wir handeln. Es wird schon was bei rauskommen.“

4.2 Der grenzenlose Einsatz

Die Neigung zum grenzenlosen Dezisionismus entspricht die Neigung zur Entgrenzung der bisherigen Schranken des Einsatzes der Bundeswehr. Die „Süddeutsche“ berichtete27 am 02.04.2016:

Einsatz der Bundeswehr im Inneren soll erleichtert werden

Im neuen Weißbuch für das Militär bringt die Bundesregierung eine Grundgesetzänderung ins Spiel. Sie soll den veränderten Rahmenbedingungen Rechnung tragen.
Von Stefan Braun und Christoph Hickmann, Berlin
In der Bundesregierung gibt es Pläne, den Einsatz der Bundeswehr im Innern zu ermöglichen. Bislang könne die Bundesregierung die Bundeswehr im Innern etwa im „Fall des inneren Notstandes“ einsetzen, heißt es in einem Entwurf für das neue Bundeswehr-Weißbuch, welcher der Süddeutschen Zeitung vorliegt: „Charakter und Dynamik gegenwärtiger und zukünftiger sicherheitspolitischer Bedrohungen machen hier Weiterentwicklungen erforderlich, um einen wirkungsvollen Beitrag der Bundeswehr zur Gefahrenabwehr an der Grenze von innerer und äußerer Sicherheit auf einer klaren Grundlage zu ermöglichen.“

Auf der Grundlage des völlig entgrenzten Sicherheitsbegriffs, der aus ihrem Verständnis des der Gegenseite zugeschobenen Begriffs der hybriden Kriegsführung, muss natürlich der Einsatzbereich der Bundeswehr im Prinzip ebenfalls grenzenlos werden. Es kann der Logik dieses Verständnisses nach keine Beschränkung geben, die irgendeinen politischen, gesellschaftlichen, ökonomischen, kulturellen, technischen, pädagogischen, wissenschaftlichen, religiösen, pädagogischen oder sonstigen Bereich des Lebens ausschlösse, sondern nur aus politischen Umständen28: So schnell geht das alles in Deutschland nicht.

Im „Weißbuch 2016 zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr“, so lautet der volle Titel des Dokuments, wird die sicherheitspolitische Gesamtlage analysiert, um daraus Konsequenzen für die Ausrichtung der Bundeswehr abzuleiten. ... Der nun vorliegende Entwurf ist das Ergebnis eines breiten Prozesses, in dem während des vergangenen Jahres zahlreiche Experten angehört wurden. Beteiligt sind mehrere Ressorts, erstellt wurde der erste Entwurf im Verteidigungsministerium. Nun beginnt der Diskussionsprozess innerhalb der Regierung.

In dem Entwurf wird neben der Thematik des Bundeswehr-Einsatzes im Innern auch auf die bislang geltenden verfassungsrechtlichen Grenzen von Auslandseinsätzen eingegangen. „In jüngster Zeit nimmt die Zahl der Einsätze und Missionen zu, die ein verzugsloses und konsequentes Handeln erfordern“, heißt es in dem Dokument. Es werde aber zunehmend schwierig, „den Rahmen einer Einbindung in ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einzuhalten“. Hintergrund ist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, nach der Auslandseinsätze nur möglich sind, wenn sich die Bundesrepublik in ein solches System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnet. Zugleich, so der Weißbuch-Text, gebe es mehr und mehr Einsätze „durch Ad-hoc-Kooperationen“ von Staaten. „Angesichts der weiter steigenden sicherheitspolitischen Verantwortung Deutschlands“ müsse man in der Lage sein, „auch diesen Herausforderungen“ Rechnung zu tragen.

Die Grenzen des Art. 24 II GG, der nach durchaus umstrittener Auffassung des BVerfG den Einsatz der Bundeswehr im Verbund mit der NATO und/oder der UNO erlaubt, sollen beseitigt werden. Es soll möglich werden, dass die Bundesregierung die Bundeswehr mit bloßer Absprache mit anderen Staaten in den Krieg schickt.

Darüber hinaus wird offenbar erwogen, die Rolle des Bundessicherheitsrats (BSR) auszubauen. Diesem Ausschuss des Bundeskabinetts gehört nur ein bestimmter Kreis von Ministern an. Bislang wird er vor allem durch seine Rolle bei der Genehmigung heikler Rüstungsexporte wahrgenommen. Der BSR solle sich künftig „kontinuierlich mit strategischen Fragen“ befassen, heißt es im Weißbuch-Entwurf. „Seine Rolle als strategischer Impulsgeber und Steuerungsgremium wird gestärkt.“ Um dieses Ziel zu erreichen, solle „der Bundessicherheitsrat mit einer Arbeitsstruktur unterlegt“ sowie „durch ein nachgeordnetes Koordinierungsgremium ergänzt“ werden.


5. Unsere Alternative: Gemeinsame Sicherheit und gerechte Entwicklung

Nichts von all dem ist unvermeidlich. Man kann es auch anders machen. Der englische Geschichtsphilosoph Arnold Toynbee schrieb 197429:

Die gegenwärtigen unabhängigen Regionalstaaten sind weder imstande, den Frieden zu bewahren, noch die Biosphäre durch die Verunreinigung durch den Menschen zu schützen oder ihre unersetzlichen Rohstoffquellen zu erhalten. Diese politische Anarchie darf nicht länger andauern in einer Ökumene, die längst auf technischem und wirtschaftlichem Gebiet eine Einheit geworden ist. Was seit fünftausend Jahren nötig ist - und sich in der Technologie seit hundert Jahren als durchführbar erwiesen hat -, ist eine weltumfassende politische Organisation, bestehend aus einzelnen Zellen von den Ausmaßen der neolithischen Dorfgemeinschaften - so klein und überschaubar, daß jedes Mitglied das andere kennt und doch ein Bürger des Weltstaates ist. [...] In einem Zeitalter, in dem sich die Menschheit die Beherrschung der Atomkraft angeeignet hat, kann die politische Einigung nur freiwillig erfolgen. Da sie jedoch offenbar nur widerstrebend akzeptiert werden wird, wird sie wahrscheinlich so lange hinausgezögert werden, bis die Menschheit sich weitere Katastrophen zugefügt hat, Katastrophen solchen Ausmaßes, dass sie schließlich in eine globale politische Einheit als kleinerem Übel einwilligen wird.“

Wir brauchen eine Blickwende: Weg von einem Denken, das die eigenen Interessen auf jeden Fall auch auf Kosten anderer verwirklichen will, mit den Mitteln der wirtschaftlichen Zerstörung und des Krieges, denn diese Politik schlägt auf ihre Urheber zurück. Sondern zurück zu einem Denken, das die Welt ja schon kennt: Ein Denken der gemeinsamen Sicherheit und Entwicklung. Im Weltmaßstab heißt das: Das Denken der Willy Brandt-Kommission im „Nord-Süd-Bericht“ und der Brundtland-Kommission zur nachhaltigen Entwicklung.

5.1 Der europäische Ansatz: KSZE

5.1.1 Die Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa von 1975

Für Europa ist eine solche Politik schon längst konzipiert: In der „Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit“ von Helsinki aus dem Jahr 1975 und der „Charta von Paris“ der Teilnehmerstaaten der KSZE von 1990.

In der Schlussakte formulierten die teilnehmenden Staaten zehn Prinzipien zur Regelung ihrer Beziehungen. Sie bekannten sich:
  • zur Achtung ihrer souveränen Gleichheit sowie der ihrer Souveränität innewohnenden Rechte,
  • zum Verzicht auf die Androhung oder Anwendung von Gewalt,
  • zur Unverletzlichkeit der Grenzen,
  • zur Achtung der territorialen Integrität aller Teilnehmerstaaten,
  • zur friedlichen Regelung von Streitfällen,
  • zur Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der anderen Teilnehmerstaaten,
  • zur Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten,
  • zur Achtung der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker,
  • zur Entwicklung ihrer Zusammenarbeit gemäß der Ziele und Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen,
  • zur Erfüllung ihrer völkerrechtlichen Verpflichtungen nach Treu und Glauben.
Darüber hinaus verständigten sich die Teilnehmerstaaten auf eine Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Technik und Umwelt sowie über vertrauensbildende Maßnahmen im militärischen Bereich. Letzteres umfasste die gegenseitige Ankündigung und Beobachtung von größeren Militärmanövern, Abrüstungsvereinbarungen wurden nicht getroffen.30

Die Schlussakte der KSZE hält bis heute Kommunikationsmöglichkeiten zwischen den Konfliktparteien offen, wie die WELT im Februar 2016 feststellte:

Die KSZE kann die Menschen nicht besser machen als sie sind. Aber wo es um Sicherheits- und vertrauensbildende Maßnahmen in Europa geht, kann sie viel leisten. Sie hat sanfte Macht. Etwas Besseres ist zur Zeit nicht zu finden.31

5.1.2 Die „Charta von Paris“

Die „Charta von Paris“ von 1990, ein Papier in der Nachfolge der KSZE, enthielt Leitlinien für ein neues Europa nach der Wende

Freundschaftliche Beziehungen zwischen den Teilnehmerstaaten
...
Zur Wahrung und Förderung von Demokratie, Frieden und Freiheit in Europa bekennen wir uns feierlich und uneingeschränkt zu den 10 Prinzipien der Schlussakte von Helsinki. Wir erklären, dass die 10 Prinzipien unverändert gültig sein sollen und dass wir entschlossen sind, sie in die Praxis umzusetzen. ...
In Übereinstimmung mit unseren Verpflichtungen gemäß der Charta der Vereinten Nationen und der Schlussakte von Helsinki erneuern wir unser feierliches Versprechen, uns jeder gegen die territoriale Integrität oder politische Unabhängigkeit eines Staates gerichteten Androhung oder Anwendung von Gewalt oder jeder sonstigen mit den Grundsätzen oder Zielen dieser Dokumente unvereinbaren Handlung zu enthalten. ...
Wir bekräftigen unser Bekenntnis zur friedlichen Beilegung von Streitfällen. Wir beschließen, Mechanismen zur Verhütung und Lösung von Konflikten zwischen den Teilnehmerstaaten zu entwickeln.
Nun, da die Teilung Europas zu Ende geht, werden wir unter uneingeschränkter gegenseitiger Achtung der Entscheidungsfreiheit eine neue Qualität in unseren Sicherheitsbeziehungen anstreben. Sicherheit ist unteilbar, und die Sicherheit jedes Teilnehmerstaates ist untrennbar mit der aller anderen verbunden. Wir verpflichten uns daher, bei der Festigung von Vertrauen und Sicherheit untereinander sowie bei der Förderung der Rüstungskontrolle und Abrüstung zusammenzuarbeiten. ...
Zur Lösung wirtschaftlicher, sozialer, umweltbezogener, kultureller und humanitärer Probleme haben wir die feste Absicht, den politischen Konsultationsprozess zu verstärken und die Zusammenarbeit zu erweitern. Diese gemeinsame Entschlossenheit und die wachsende gegenseitige Abhängigkeit werden dazu beitragen, das jahrzehntelange Misstrauen zu überwinden, die Stabilität zu festigen und ein geeintes Europa aufzubauen.
Wir wollen ein Europa, von dem Frieden ausgeht, das für den Dialog und die Zusammenarbeit mit anderen Ländern offen und zum Austausch bereit ist und das mitwirkt an der Suche nach gemeinsamen Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft.32

Wie wir wissen, ist dieses „Gemeinsame Haus Europa“ nicht verwirklicht wurde. Stattdessen wurden die NATO und die EU nach Osten ausgedehnt und Russland unter Missachtung seiner Sicherheitsinteressen aus diesem Europa rausgeschoben...

5.1.3 Ein Vorschlag: KSZE2-Vertrag

In der Georgien-Krise von 2008 zeigte sich, dass die bisherigen vertraglichen Grundlagen der Beziehungen zwischen den Staaten und den politischen Organisationen nicht ausgereicht hatten. Deshalb schlug der damalige russische Präsident Medwedew einen KZSE2-Vertrag vor33. Er sollte die Schlussakte KSZE von Helsinki nicht ersetzen, sondern in zweierlei Hinsicht ergänzen:

Auch die Organisationen der Staaten wie NATO und die CSTO34 - eine Militärorganisation aus Nachfolgestaaten der Sowjetunion - , EU, GUS und OSZE sollten Teilnehmer der Verhandlungen über den Vertrag sein, und der Vertrag sollte festlegen, dass die Teilnehmerstaaten keine neuen politisch-militärischen Verpflichtungen eingehen sollten. (Wikipedia)

Es ging also darum, die Veränderung der politischen Kräfteverhältnisse in Europa zu beenden. Genau deshalb wurde der Vorschlag im Westen nicht positiv aufgegriffen. Verhandlungen fanden nicht statt. Wolfgang Ischinger, heute Leiter der Münchener Sicherheitskonferenz, kommentierte damals im Berliner Tagesspiegel:

„Zielt das in Richtung eines weitreichenden russischen Vetorechts? ... In keinem Fall darf Art. 5 des Nordatlantikvertrags infrage gestellt werden. Auch darf dieser Vertrag in keiner Weise die Freiheit der Bündniswahl für einzelne europäische Staaten beeinträchtigen. Diese und andere Fragen müssen sorgfältig geklärt werden.“35

Und dann wäre er wertlos. Genau deshalb wurde dieser Vorschlag vom Westen nicht angenommen. Stattdessen wurde die Politik der Ostausdehnung von NATO und EU fortgesetzt, mit gravierenden negativen Folgen für die Sicherheit in Europa.

Aber diese Politik ist nicht ganz verschwunden. Gerade die deutsche Politik ist durchaus noch von Erinnerungen an die Phase der Gemeinsamen Sicherheit geprägt. Die deutschen Vermittlungen im Ukraine-Konflikt zwischen der Ukraine und Russland in den Minsk-Verträgen zeigt, dass man vor einer Politik der massiven Konfrontation denn doch zurückschreckt.


5.1.4 Eine KSZE für den Nahen Osten?

Der deutsche Außenminister Steinmeier hat im Juli 2014 , also mitten im syrischen Bürgerkrieg, den Vorschlag gemacht, im „Tagesspiegel“ für den Nahen Osten eine Konferenz nach dem Typ der KSZE einzuberufen:

Steinmeier: Eine KSZE für den Nahen Osten

Der Nahe Osten gerät aus den Fugen. Deshalb sollte der Versuch gewagt werden, die Suche nach Auswegen auf eine neue Ebene zu heben. Schließlich eint die einzelnen Staaten das Bedürfnis nach Sicherheit. Ein Gastbeitrag des Bundesaußenministers.

Uns Europäer hält die Ukraine-Krise in Atem. Derweil gerät der Nahe Osten aus den Fugen. Aus dem Aufstand gegen den syrischen Diktator Baschar al Assad ist erst ein innersyrischer Bürgerkrieg und mittlerweile ein regionaler Stellvertreterkrieg geworden. ...
Es kämpfen Schiiten gegen Sunniten, radikale gegen noch radikalere Fundamentalisten, Kurden gegen Araber, Terroristen gegen Demokraten gegen Diktatoren. Regionale Nachbarn, aber auch Großmächte unterstützen ihre Stellvertreter vor Ort, mit Geld, auch mit Waffen. Es gibt kein kohärentes Vorgehen der internationalen Gemeinschaft: Manche agieren aus Verantwortungsgefühl, andere leichtfertig, die einen defensiv, die anderen offensiv. Weder die Beteiligten noch die Außenstehenden können genau sagen, ob der jeweils andere aus Stärke oder Schwäche handelt. Millionen von Menschen haben in den Nachbarländern Zuflucht gesucht und überfordern dort die staatlichen Strukturen. Die Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) weitet ihren Herrschaftsbereich in Syrien und im Irak aus und will die bestehenden Staaten hinwegfegen.
Nur die Symptome zu kurieren, reicht nicht aus
Das stellt hohe Anforderungen an ein regionales und internationales Krisenmanagement. Iraks Ministerpräsident Maliki muss klargemacht werden, dass nur eine inklusive Regierung der Bedrohung seines Landes Herr werden kann. Die Unterstützungskanäle für IS müssen zugeschüttet werden. Die Nachbarstaaten brauchen dringend noch mehr Hilfe zur Versorgung der Flüchtlinge. Das alles ist richtig, aber es reicht nicht aus. Nur die Symptome zu kurieren, bringt uns letztlich einer nachhaltigen Lösung nicht wirklich näher.
Sollte nicht der Versuch gewagt werden, die Suche nach Auswegen auf eine andere Ebene zu heben? Auch wenn das heute nur eine ferne Vorstellung von der Zukunft ist: Nachdenken sollten wir über eine neue Ordnung für den Nahen und Mittleren Osten, die die Sicherheitsinteressen der Akteure neu definieren und gewährleisten könnte. Auch in Europa war das Konzept gemeinsamer Sicherheit lange eine politisch kaum vorstellbare Utopie. Uns ist es damals dennoch gelungen, in wahrlich schwierigen Zeiten die ‚Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa‘ (KSZE) ins Leben zu rufen. Mit ihr ist die Idee gemeinsamer Sicherheit mehr und mehr an die Stelle einer konfrontativen Konfliktlogik getreten. Das war mühsam und verlief nicht ohne Rückschläge. Aber zweifellos hat der Helsinki-Prozess in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, den Kalten Krieg in eine Phase der Entspannung zu überführen.
Das kann natürlich nicht eins zu eins auf eine andere Region zu einer anderen Zeit übertragen werden, und das muss es auch nicht. Aber der Gedanke an Helsinki kann uns helfen zu verstehen, was die Grundlage einer solchen Ordnung sein könnte: Echte Sicherheit miteinander statt trügerischer Sicherheit voreinander, und das auf der Grundlage langsam wachsenden gegenseitigen Vertrauens. ...
Eine Suche nach Gemeinsamkeiten müsste vor Ort beginnen, ohne Tabus und Vorfestlegungen. Es geht darum, Interessen abzugleichen, um sie ausgleichen zu können. Interessenparallelen lassen sich finden: Alle Nachbarstaaten und die internationale Gemeinschaft eint die Sorge davor, dass terroristische Banden wie IS ein dauerhaftes Eigenleben entwickeln. Eine gewaltsame Verschiebung von Grenzen will keiner der Staaten in der Region. Alle haben Furcht davor, dass Waffen in die falschen Hände geraten könnten. Und alle haben ein Interesse daran, die Minderheiten in ihrem Land, ob ethnische oder religiöse, nicht in offene Feindschaft zum Staat driften zu lassen.
Niemand erwartet einen raschen Erfolg solcher Bemühungen. Aber begonnen werden sollte, und zwar so schnell wie irgend möglich. Das schulden wir nicht nur den Menschen in der Regionen. Das ist auch ein Beitrag zu unserer eigenen Sicherheit: Syrien ist Ausbildungsstätte für Tausende von europäischen Dschihadisten, die dort üben, was sie nachher in unseren Städten praktizieren wollen, und Irak droht es zu werden.
Das darf nicht sein. Denn dieser Konflikt geht uns an, mehr, als viele glauben.36

Die jetzigen Verhandlungen über den Frieden in Syrien können dazu ein Anfang sein. Sie haben nur dann eine Chance, wenn an ihnen alle beteiligt sind, die Interessen in diesem Gebiet haben. Das sind

  1. jene Kräfte und Gruppierungen, die in Syrien selbst kämpfen,
  2. jene regionalen Mächte, die in Syrien eingegriffen haben und weiter eingreifen wollen, und
  3. die Großmächte, die in der Region strategische Interessen haben.

Ob und wie der IS beteiligt wird, wird ein Problem bleiben.

Solch eine Politik ist die grundlegende Voraussetzung für eine Beendigung der Flüchtlingskrise. Das sagt aber auch, dass eine kurzfristige Beendigung dieser Krise nicht zu erwarten ist. Mag sein, dass ein langsames Voranschreiten der Syrien-Verhandlungen die Fluchtbewegungen aus diesem Land dämpft. Aber da gibt es ja noch Kriege und untererträgliche innenpolitische Verhältnisse in anderen Staaten dieser Region, von Marokko bis Afghanistan.


5.2 Entspannung - eine deutsche Tradition

5.2.1 Für eine andere Russland-Politik

Man mag eine Politik, die einem solchen Ansatz folgt, für illusorisch halten. Aber Entspannungspolitik hat in Deutschland feste Wurzeln. Ich möchte nur daran erinnern, dass in der Unkraine-Krise zwar die Presse - Funk, Fernsehen, Zeitungen - sehr schnell auf eine konfrontative Linie umsteuerten, das Publikum aber keineswegs bereit war, diesen Schwenk mitzumachen. Es gibt bis heute keine Mehrheiten in diesem Land für eine aggressive Außen- und Sicherheitspolitik. Auch im jenen Kreisen, die über die Politik dieses Landes bestimmen und bestimmt haben, gibt es erhebliche Widerstände. Sie wurden Ende 2014 in dem Aufruf politisch Prominenter deutlich, der unter der Überschrift „Nicht in unserem Namen“ in der ZEIT und im „Tagesspiegel“ veröffentlicht wurde:

Aufruf für eine andere Russland-Politik
„Nicht in unserem Namen“
05.12.2014 17:55 Uhr
Gerhard Schröder und Antje Vollmer, Lothar de Maizière und Roman Herzog, Wim Wenders und Jim Rakete: Sie und viele andere Prominente fordern „eine neue Entspannungspolitik in Europa“. Wir dokumentieren den Text des Aufrufes.

Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen!
Niemand will Krieg. Aber Nordamerika, die Europäische Union und Russland treiben unausweichlich auf ihn zu, wenn sie der unheilvollen Spirale aus Drohung und Gegendrohung nicht endlich Einhalt gebieten. Alle Europäer, Russland eingeschlossen, tragen gemeinsam die Verantwortung für Frieden und Sicherheit. Nur wer dieses Ziel nicht aus den Augen verliert, vermeidet Irrwege.
Der Ukraine-Konflikt zeigt: Die Sucht nach Macht und Vorherrschaft ist nicht überwunden. 1990, am Ende des Kalten Krieges, durften wir alle darauf hoffen. Aber die Erfolge der Entspannungspolitik und der friedlichen Revolutionen haben schläfrig und unvorsichtig gemacht. In Ost und West gleichermaßen. Bei Amerikanern, Europäern und Russen ist der Leitgedanke, Krieg aus ihrem Verhältnis dauerhaft zu verbannen, verloren gegangen. Anders ist die für Russland bedrohlich wirkende Ausdehnung des Westens nach Osten ohne gleichzeitige Vertiefung der Zusammenarbeit mit Moskau, wie auch die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Putin, nicht zu erklären.

Deutschland trägt besondere Verantwortung
In diesem Moment großer Gefahr für den Kontinent trägt Deutschland besondere Verantwortung für die Bewahrung des Friedens. Ohne die Versöhnungsbereitschaft der Menschen Russlands, ohne die Weitsicht von Michael Gorbatschow, ohne die Unterstützung unserer westlichen Verbündeten und ohne das umsichtige Handeln der damaligen Bundesregierung wäre die Spaltung Europas nicht überwunden worden. Die deutsche Einheit friedlich zu ermöglichen, war eine große, von Vernunft geprägte Geste der Siegermächte. Eine Entscheidung von historischer Dimension. Aus der überwundenen Teilung sollte eine tragfähige europäische Friedens- und Sicherheitsordnung von Vancouver bis Wladiwostok erwachsen, wie sie von allen 35 Staats- und Regierungschefs der KSZE-Mitgliedsstaaten im November 1990 in der „Pariser Charta für ein neues Europa“ vereinbart worden war. Auf der Grundlage gemeinsam festgelegter Prinzipien und erster konkreter Maßnahmen sollte ein „Gemeinsames Europäisches Haus“ errichtet werden, in dem alle beteiligten Staaten gleiche Sicherheit erfahren sollten. Dieses Ziel der Nachkriegspolitik ist bis heute nicht eingelöst. Die Menschen in Europa müssen wieder Angst haben.

Deutschland muss zum Dialog mit Russland aufrufen
Wir, die Unterzeichner, appellieren an die Bundesregierung,
- ihrer Verantwortung für den Frieden in Europa gerecht zu werden. Wir brauchen eine neue Entspannungspolitik für Europa. Das geht nur auf der Grundlage gleicher Sicherheit für alle und mit gleichberechtigten, gegenseitig geachteten Partnern. Die deutsche Regierung geht keinen Sonderweg, wenn sie in dieser verfahrenen Situation auch weiterhin zur Besonnenheit und zum Dialog mit Russland aufruft. Das Sicherheitsbedürfnis der Russen ist so legitim und ausgeprägt wie das der Deutschen, der Polen, der Balten und der Ukrainer. Wir dürfen Russland nicht aus Europa hinausdrängen. Das wäre unhistorisch, unvernünftig und gefährlich für den Frieden. Seit dem Wiener Kongress 1814 gehört Russland zu den anerkannten Gestaltungsmächten Europas. Alle, die versucht haben, das gewaltsam zu ändern, sind blutig gescheitert – zuletzt das größenwahnsinnige Hitler-Deutschland, das 1941 mordend auszog, auch Russland zu unterwerfen.

„Friedenspflicht der Bundesregierung“
Wir appellieren an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages,
- als vom Volk beauftragte Politiker, dem Ernst der Situation gerecht zu werden und aufmerksam auch über die Friedenspflicht der Bundesregierung zu wachen. Wer nur Feindbilder aufbaut und mit einseitigen Schuldzuweisungen hantiert, verschärft die Spannungen in einer Zeit, in der die Signale auf Entspannung stehen müssten. Einbinden statt ausschließen muss das Leitmotiv deutscher Politiker sein.

„Es geht nicht um Putin“
Wir appellieren an die Medien,
- ihrer Pflicht zur vorurteilsfreien Berichterstattung überzeugender nachzukommen als bisher. Leitartikler und Kommentatoren dämonisieren ganze Völker, ohne deren Geschichte ausreichend zu würdigen. Jeder außenpolitisch versierte Journalist wird die Furcht der Russen verstehen, seit NATO-Mitglieder 2008 Georgien und die Ukraine einluden, Mitglieder im Bündnis zu werden. Es geht nicht um Putin. Staatenlenker kommen und gehen. Es geht um Europa. Es geht darum, den Menschen wieder die Angst vor Krieg zu nehmen. Dazu kann eine verantwortungsvolle, auf soliden Recherchen basierende Berichterstattung eine Menge beitragen.
Am 3. Oktober 1990, am Tag der Deutschen Einheit, sagte Bundespräsident Richard von Weizsäcker: „Der Kalte Krieg ist überwunden. Freiheit und Demokratie haben sich bald in allen Staaten durchgesetzt. … Nun können sie ihre Beziehungen so verdichten und institutionell absichern, dass daraus erstmals eine gemeinsame Lebens- und Friedensordnung werden kann. Für die Völker Europas beginnt damit ein grundlegend neues Kapitel in ihrer Geschichte. Sein Ziel ist eine gesamteuropäische Einigung. Es ist ein gewaltiges Ziel. Wir können es erreichen, aber wir können es auch verfehlen. Wir stehen vor der klaren Alternative, Europa zu einigen oder gemäß leidvollen historischen Beispielen wieder in nationalistische Gegensätze zurückzufallen.“
Bis zum Ukraine-Konflikt wähnten wir uns in Europa auf dem richtigen Weg. Richard von Weizsäckers Mahnung ist heute, ein Vierteljahrhundert später, aktueller denn je.37

Initiiert hat diesen Appel Horst Teltschik, der frühere außenpolitische Berater Helmut Kohls und spätere Leiter der Münchener Sicherheitskonferenz. Unter den Unterzeichnern waren der ehemalige Bundeskanzler Schröder und der ehemalige Bundespräsident Herzog. Dieser Aufruf fand in der leitenden Presse keine positive Resonanz. Es wurde ihm vielmehr ein Gegenaufruf entgegengesetzt38. So schien sich diese Sache im Sande zu verlaufen.


5.2.2 Die EKD: Aus Gottes Frieden leben - für gerechten Frieden sorgen

Aber diese Sicht auf den Frieden hat doch einen festeren Boden, als wir im Blick auf die Massenmedien und auf die Bundesregierung denken könnten. Hier nur mal das Inhaltsverzeichnis der Denkschrift des Rates der evangelischen Kirche in Deutschland „Aus Gottes Frieden leben - für gerechten Frieden sorgen“ aus dem Jahr 2007:

Vorwort
Einleitung
1. Friedensgefährdungen
1.1 Globale sozioökonomische Probleme
1.2 Staatsversagen und Zerfall politischer Gemeinschaften
1.3 Bedrohungen durch Waffengewalt
1.4 Kulturelle und religiöse Gefährdungsfaktoren
1.5 Schwächung des Multilateralismus

2. Der Friedensbeitrag der Christen und der Kirche
2.1 Den Frieden vergegenwärtigen und bezeugen
2.2 Für den Frieden bilden und erziehen
2.3 Die Gewissen schützen und beraten
2.4 Für Frieden und Versöhnung arbeiten
2.5 Vom gerechten Frieden her denken
2.5.1 Die Verheißung von Frieden und Gerechtigkeit …
2.5.2 Dimensionen des gerechten Friedens

3. Gerechter Friede durch Recht
3.1 Anforderungen an eine globale Friedensordnung als Rechtsordnung
3.1.1 Kollektive Friedenssicherung
3.1.2 Universalität und Unteilbarkeit der Menschenrechte
3.1.3 Transnationale soziale Gerechtigkeit
3.1.4 Ermöglichung kultureller Vielfalt
3.2 »Rechtserhaltende Gewalt« statt »gerechter Krieg«
3.3 Grenzen rechtserhaltenden militärischen Gewaltgebrauchs
3.3.1 Grenzen des Selbstverteidigungsrechts
3.3.2 Grenzen kollektiver Schutzverantwortung bei innerstaatlichen Bedrohungen
3.3.3 Grenzen internationaler bewaffneter Friedensmissionen

4. Politische Friedensaufgaben
4.1 Universale Institutionen stärken
4.1.1 Die Vereinten Nationen als Weltorganisation
4.1.2 Zusammenarbeit mit nichtstaatlichen und parlamentarischen Akteuren
4.2 Europas Friedensverantwortung wahrnehmen
4.2.1 Organisationen auf regionaler Ebene
4.2.2 Die Europäische Union als Friedensmacht
4.2.3 Rolle und Auftrag der Bundeswehr
4.3 Waffenpotenziale abbauen
4.3.1 Rüstungsexporte
4.3.2 Abrüstung und Rüstungskontrolle
4.3.3 Privatisierung staatlicher Sicherheitsaufgaben, Söldnertun und Paarmilitärs
4.4 Zivile Konfliktbearbeitung ausbauen
4.4.1 Aufgaben und Träger ziviler Konfliktbearbeitung …
4.4.2 Anforderungen an zivile Konfliktbearbeitung von außen
4.4.3 Förderung von Lernprozessen
4.5 Menschliche Sicherheit und menschliche Entwicklung verwirklichen
4.5.1 menschliche Sicherheit und menschliche Entwicklung
4.5.2 Verantwortung und Rechenschaftspflicht
4.5.3 Menschliche Sicherheit und Friede im Innern
Schluss

5.2.3 Für eine neue Ostdenkschrift der EKD

Einer der Unterzeichner der Erklärung für eine andere Russlandpolitik, der Theologe Konrad Rainer, arbeitet weiter an dieser Sache. Er war Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen. Auf seinen Antrag wurde auf dem evangelischen Kirchentag 2015 eine Resolution angenommen:

Antragsteller/in: Dr. Konrad Rainer, zusammen mit: Almut Berger, Ruth Mistelwitz, Elisabeth Rainer, Heino Flacke, Hans Mistelwitz, Gerhard Rein, Hans-Jochen Tscheche
Adressat: Leitung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)
Text: Unsere Resolution richtet sich an die Leitung der Evangelischen Kirche in Deutschland. Wir rufen sie dazu auf, das Zustandekommen einer neuen Ostdenkschrift zu ermöglichen und aktiv zu unterstützen.
Begründung: Die Ostdenkschrift der EKD von 1965 über das Verhältnis zu Polen und den östlichen Nachbarstaaten hat einer neuen Ostpolitik der Bundesrepublik den Boden bereitet. Das 1965 formulierte Ziel,“…eine haltbare Friedensordnung durch einen neuen Anfang zu verwirklichen“, gilt heute dringlicher denn je. Denn unser Friede ist bedroht. Der im Jahr 1990 in der Pariser „Charta für ein neues Europa“ ausgedrückte Wille, ein „neues Zeitalter der Demokratie, des Friedens und der Einheit“ in Europa zu schaffen, ist erlahmt. Es droht die Gefahr einer erneuten Aufrüstung, auch mit atomaren Waffen. Der Krieg in der Ukraine hat zu besorgniserregenden Spannungen zwischen Russland und der NATO geführt.
Eine neue Ostdenkschrift sollte einen Beitrag leisten zu der notwendigen öffentlichen Diskussion über eine neue europäische Friedensordnung. Wir gehen in die Irre, wenn wir meinen, eine Front der Guten gegen die Bösen vor uns zu haben. Aus der besonderen Verantwortung Deutschlands heraus müssen wir für einen Frieden in Europa eintreten, der Russland einschließt. Die zentrale Rolle der OSZE sollte wieder gestärkt werden. Die Übernahme des Vorsitzes in der OSZE im kommenden Jahr bietet Deutschland dazu eine Chance, die es unbedingt zu nutzen gilt.39

Mit der Flüchtlingsfrage hat das keineswegs nur indirekt zu tun: Nur auf der Basis eines kooperativen Verhältnisses zu Russland können die Probleme und Kriege des Nahen Ostens gelöst werden.


5.2.4 Resolution der Nordkirche: Gerechter Frieden kann nicht mit Waffen gewonnen werden
Resolution: Gerechter Frieden kann nicht mit Waffen gewonnen werden
Lübeck-Travemünde (fz). Die Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) hat heute (27. Februar) in Lübeck-Travemünde nach intensiver Diskussion eine Resolution zum Bundeswehreinsatz in Syrien beschlossen. Die Synodalen aus Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg- Vorpommern fordern die Bundesregierung auf, „diesen Einsatz militärischer Mittel umgehend zu beenden und stattdessen noch einmal genau zu prüfen, welche Instrumente gegen den Terrorismus – auch auf dem Hintergrund bislang gemachter Erfahrungen – tatsächlich helfen.“ Nur auf dem Wege einer Verhandlungslösung könne für das vom Bürgerkrieg zerrissene und vom Terrorismus heimgesuchte Syrien eine Friedensperspektive erreicht werden, heißt es in der Resolution. Zugleich will sich die Landessynode in ihrer Septembersynode intensiv mit friedensethischen Fragen auseinandersetzen.
In seiner Einbringung erläuterte der Vorsitzende des Ausschusses für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung, Propst Matthias Bohl (Kirchenkreis Hamburg-Ost) den Hintergrund: „Wir möchten den kritischen Diskussionsprozess über den laufenden Militäreinsatz der Bundeswehr wachhalten. Die Tatsache, dass die Unterstützung des militärischen Kampfes gegen den ‚IS‘ durch die Bundeswehr nicht mehr in den Schlagzeilen ist, darf nicht zu einem stillen Hinnehmen dieses immer noch laufenden Einsatzes führen.“ Mit dem Hineingehen der Bundeswehr in einen Einsatz ohne legitimierendes Mandat des UN-Sicherheitsrates werde die Grundsatzdebatte um friedenserzwingende Militäreinsätze immer dringender.
In der Resolution heißt es wörtlich: „Wir rufen alle friedliebenden Menschen in allen Religionsgemeinschaften auf, die Stimme zu erheben, für friedliche Lösungen zu beten und tatkräftig einzustehen. Wir erinnern an die Friedensbotschaft Jesu, die den Christinnen und Christen den Weg weist.“ Mit Christen in vielen Kirchen weltweit sei die Landessynode überzeugt: „Gerechter Frieden kann nicht mit Waffen gewonnen werden. Wir treten dafür ein und wollen - auch im Hören auf die Stimmen von Christinnen und Christen in Syrien - noch stärker dazu beitragen, dass sich die Kirchen in Deutschland auch in der Zusammenarbeit der Kirchen in der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) in dieser Überzeugung an der politischen Willensbildung in ihren Gesellschaften beteiligen.“
In den vergangenen Jahren habe es einige Versuche gegeben, mit Militäreinsätzen in Afghanistan und im Irak islamistischen Terror zu bekämpfen. „Dies ist nicht gelungen. Heute kann der islamistische Terror keiner einzelnen Region mehr zugeordnet werden. Er kann deshalb auch nicht nach der Logik eines Territorialkrieges überwunden werden. Der Terror entsteht in den Köpfen vieler Menschen in vielen Ländern.“ Nach dem Verständnis der EKD-Friedensschrift aus dem Jahr 2007 dürfe militärische Gewalt nur als äußerstes Mittel eingesetzt werden, wenn andauernde Menschenrechtsverletzungen vorliegen, ein Mandat des UN-Sicherheitsrates gegeben ist, begründete Aussicht auf Erfolg besteht und Teil eines Friedens- und sicherheitspolitischen Gesamtkonzeptes ist. „Auch angesichts andauernder Menschenrechtsverletzungen, die immer mehr Menschen in die Flucht treiben, sagen wir: Krieg ist die Ursache dessen, nicht Mittel dagegen“, heißt es in der Resolution.40

Dieser Resolution liegt ein vom Friedensbeauftragten der EKD, Pastor Renke Brahms, verfasstes Papier zugrunde41.


5.2.5 SPD-SH zur Friedenspolitik:

Nur ein kleines Zitat aus einem 2014 gefassten Beschluss der SPD-Schleswig-Holstein42:

Deutsche Außen- und Sicherheitspolitik muss Friedenspolitik sein. Die sozialdemokratische Friedenspolitik hat im Kalten Krieg der 1970er Jahre den minimalen außenpolitischen Spielraum Deutschlands genutzt und maximale Veränderungen bewirkt: von der Politik der kleinen Schritte zum Fall der Mauer, von den Berliner Passierscheinen zur deutschen Einheit.

Friedenspolitik heute heißt, in den internationalen Organisationen, in denen Deutschland ein Mitglied unter vielen ist -in der EU, dem Europarat, der NATO, der OSZE und der UNO- aktiv dazu beizutragen,
- das Völkerrecht als verbindliche Grundlage des Zusammenlebens der Völker und Nationen zu stärken und durchzusetzen,
- eine neue Weltwirtschaftsordnung als Grundlage für die Überwindung von Ausbeutung und Unterentwicklung in der Dritten Welt zu entwickeln und durchzusetzen,
- die Entwicklungszusammenarbeit und die zivile Konfliktbearbeitung als Prävention gegen Krieg und Bürgerkrieg auszubauen und international effektiver zu organisieren, den Umwelt- und Klimaschutz als Grundlage für dauerhaftes Leben auf der Erde aktiv zu fördern,
-die Einhaltung von Minderheitenrechten in allen Staatsverfassungen zu gewährleisten und das Minderheitenrechte in allen Staatsverfassungen eingeführt werden.

Ein Dialog mit der SPD-SH wollte uns vom ZAA aus aber nicht wirklich gelingen.


5.3 Friedensforderungen der Friedensbewegung

Die Friedensbewegung muss in dieser Lage in mehrere Richtungen agieren:

  1. Es geht um die grundlegende Alternative „Konfrontation Politik oder kooperative Politik: Soll Sicherheit dadurch gewonnen werden, dass der Rest der Welt nach „unserem“ Bild geformt wird, falls notwendig auch mit Gewalt, oder ist die politische, wirtschaftliche und militärische Sicherheit der anderen Seite auch Teil unserer Sicherheit, damit gemeinsam nach Sicherheit gesucht werden kann?
  2. Die Bundeswehr hat mit ihren bisherigen Einsätzen an keiner Stelle zur Verbesserung der Sicherheitslage beigetragen. Deshalb bleibt es unserem Nein zu jeglichem Einsatz der Bundeswehr im Ausland.
  3. Rüstungsexporte sind abzulehnen.
  4. Die Friedensbewegung unterstützt alle Ansätze zur friedlichen Kooperation über die Linien der Konfrontation. Es geht insbesondere um Verhandlungen, die Konfrontationen einschließlich aller Kriege überbrückt, um sie zu beenden und zu einer gemeinsamen Gestaltung von politischer und wirtschaftlicher Zukunft zu kommen.
  5. Innenpolitisch kommt der Friedensbewegung die Aufgabe zu, die gesellschaftliche Vielfalt zu verteidigen.

Unsere Chancen sind besser, als wir oft meinen.
1 http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-01/bundeswehr-ausruestung-material-andre-wuestner-ursula-von-der-leyen
2 http://www.welt.de/politik/deutschland/article149568436/Von-der-Leyen-zieht-Aufstockung-bei-Bundeswehr-in-Betracht.html, http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-05/bundeswehr-aufstockung-von-der-leyen
3 http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Joachim-Gauck/Reden/2014/01/140131-Muenchner-Sicherheitskonferenz.html
4 http://www.swp-berlin.org/de/projekte/neue-macht-neue-verantwortung/das-projekt.html, http://www.swp-berlin.org/de/projekte/neue-macht-neue-verantwortung/das-papier.html
5 https://zeitschrift-ip.dgap.org/de/ip-die-zeitschrift/archiv/jahrgang-2014/juli-august/raus-ins-rampenlicht
6 Syrien wird in der Liste der Störer explizit aufgeführt, S. 31, gleich neben Nordkorea.
7 http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Aktuelle_Artikel/Syrien/Sanktionsbeschluesse-EU-Syrien.html?nn=342580, http://www.auswaertiges-amt.de/cae/servlet/contentblob/593228/publicationFile/157649/110509-EU-VO-442-Sanktionen-Syrien.pdf, letzte vom Auswärtigen Amt veröffentlichte Liste http://www.auswaertiges-amt.de/cae/servlet/contentblob/649106/publicationFile/181614/130531-EU-Sanktionen-Syrien_EN.pdf vom 31. Mai 2013.
8 https://www.wko.at/Content.Node/service/aussenwirtschaft/fhp/Embargos/Aktueller_Stand_der_Sanktionen_gegen_Syrien.html von 10.3.2016, Zugriff 24.05.2016
9 http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/Syrien1/gew-neu.html Aus: junge Welt, 9. Juni 2015
10 http://www.freundschaft-mit-valjevo.de/wordpress/
11 https://de.wikipedia.org/wiki/Syrischer_Nationalrat, http://fsg-econ.org/
12 http://www.swp-berlin.org/publikationen/kurz-gesagt/syrien-die-worte-von-heute-duerften-schon-bald-die-enttaeuschungen-von-morgen-sein.html 03.07.2012
13 http://www.spiegel.de/politik/ausland/freunde-syriens-versprechen-assad-gegnern-militaerhilfe-a-907343.html
14 http://www.spiegel.de/politik/ausland/krieg-in-syrien-usa-und-grossbritannien-stoppen-hilfe-fuer-rebellen-a-938554.html
15 http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Aktuelle_Artikel/Syrien/150318_Steinmeier_Khoja_Syrien_UNO_Gespr%C3%A4che.html
16 „UN-Sondervermittler Stefan de Misture kündigte an, regionale Arbeitsgruppen in Syrien einsetzen zu wollen. Die sollten auf lokaler Ebene mit den kämpfenden Parteien verhandeln und die Waffenstillstandsvereinbarungen von Genf umsetzen.“ http://www.taz.de/UN-Chef-ueber-Krieg-in-Syrien/!5218856/ - Das sieht nach „Lösung“ durch Auferlegung Syriens aus.
17 http://www.dw.com/en/syrian-opposition-plans-the-day-after-in-berlin/a-16197608
18 Hans Kundenani: Die Geschichte kehrt zurück, Deutschlands fatale Rolle in Europa, Blätter 2/16
19 „Michael Rühle studierte Politische Wissenschaft an der Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, als die Nachrüstungsdebatte der 1980er Jahre tobte und Hunderttausende im Bonner Hofgarten gegen den NATO-Doppelbeschluss demonstrierten. Heute ist er stellvertretender Leiter der Politischen Planung beim NATO-Generalsekretär. Als Vertrauter mehrerer NATO-Chefs ist er ein Insider der transatlantischen und deutschen Sicherheitspolitik.“ http://www.koerber-stiftung.de/edition-koerber-stiftung/autoren/details/autor/michael-ruehle.html, und https://www.linkedin.com/in/michael-ruehle-8974bb31 - Michael Rühle leitet das Referat für Energiesicherheit in der Abteilung für Neue Sicherheitsherausforderungen der NATO. Er gibt ausschließlich seine persönliche Meinung wieder. https://zeitschrift-ip.dgap.org/de/ip-die-zeitschrift/themen/symbolische-sicherheitspolitik
20 http://www.deutschlandradiokultur.de/syrien-krieg-soll-der-westen-eine-allianz-mit-russland.990.de.html?dram:article_id=333303
21 http://www.deutschlandradiokultur.de/konfliktloesung-ohne-assad-keinen-frieden-fuer-syrien.1005.de.html?dram:article_id=302678
22 https://de.wikipedia.org/wiki/Hybridkrieg
23 http://www.bmvg.de/portal/a/bmvg/!ut/p/c4/NYu9DsIgFEbf6F4wUaMbTR1cOuigdQNKkMhPA5d28eGlg99JznLy4QsbUS7OSnIpSo9PHLU7qxVUWCysxpWiqn6D_FA13psCO8YP-NiOkwGdoqHNZCK5ZpslpQxzyuS3UnNuBdyEI-N9xzj7j3_F6S6GCzvu-2t3wzkE8QOsAaoG/
24 Im Jahresbericht der Jugendoffiziere 2015: http://www.bmvg.de/resource/resource/MzEzNTM4MmUzMzMyMmUzMTM1MzMyZTM2MzEzMDMwMzAzMDMwMzAzMDY5NmYzMzc2NjU2OTc1MzcyMDIwMjAyMDIw/Jugendoffiziere_Jahresbericht_2015.pdf
25 http://eeas.europa.eu/euvsdisinfo/, http://www.nato.int/cps/de/natohq/topics_111767.htm?
26 Philosophen mögen prüfen, ob hier der präfaschistische Dezisionismus der Weimarer Republik wiederkehrt.
27 http://www.sueddeutsche.de/politik/sicherheit-einsatz-der-bundeswehr-im-inneren-soll-erleichtert-werden-1.2945279
28 Ein totalitäres Denken, das die pluralistische Vielfalt des gesellschaftlichen Lebens überspringen muss. Wie der Neoliberalismus die Vielfalt ökonomischen Denkens in Bildung und Ausbildung in den letzten Jahrzehnten reduziert hat, so droht hier eine Reduktion des politikwissenschaftlichen und politischen Denkens auf nur noch eine Möglichkeit: Die eines totalitären Sicherheitsverständnisses. - Es wäre notwendig, einen Überblick über die Entwicklung von Sicherheits-Politikwissenschaft und Sicherheitspädagogik zu gewinnen.
29 Zitiert nach https://de.wikipedia.org/wiki/Arnold_J._Toynbee
30 http://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/210407/ksze-schlussakte
31 http://www.welt.de/debatte/kolumnen/Weltlage/article152569415/In-Zeiten-der-Krise-brauchen-wir-Gespraeche.html
32 http://www.kas.de/wf/de/71.4503/
33 Interessant deshalb, dass im „Presseclub“ der ARD vom 10.08.2014 der Russland-Kenner und ehemalige WDR-Intendant Fritz Pleiten einen neuen KSZE-Vertrag als Ziel einer Lösung des gegenwärtigen Ukraine-Konfliktast verschlug. Das „Weimarer Dreieck“ der EU - Frankreich, Deutschland und Polen - sollten in dieser Hinsicht aktiv werden. - Genauso der gemeinsame Beitrag des ehemaligen russischen Außenministers Iwanow und des ehemaligen britischen Außen- und Verteidigungsministers Rifkin in der New York Times vom 03.08.2014: http://www.nytimes.com/2014/08/04/opinion/the-risk-of-a-new-cold-war.html?_r=1
34 http://de.wikipedia.org/wiki/Organisation_des_Vertrags_%C3%BCber_kollektive_Sicherheit, http://en.wikipedia.org/wiki/Collective_Security_Treaty_Organization, http://www.odkb.gov.ru/start/index_aengl.htm
35 http://www.tagesspiegel.de/meinung/kommentare/positionen-keine-angst-vor-medwedew/1641946.html
36 http://www.tagesspiegel.de/meinung/andere-meinung/gastbeitrag-steinmeier-eine-ksze-fuer-den-nahen-osten/10226898.html
37 http://www.tagesspiegel.de/politik/aufruf-fuer-eine-andere-russland-politik-nicht-in-unserem-namen/11080534.html
38 http://www.tagesspiegel.de/politik/gegen-aufruf-im-ukraine-konflikt-osteuropa-experten-sehen-russland-als-aggressor/11105530.html
39 https://www.kirchentag.de/programm/resolutionen/initiative_fuer_eine_neue_ostdenkschrift.html
40 Pressemitteilung Landessynode der Nordkirche tagt in Lübeck-Travemünde: Münzstraße 8-10 19055 Schwerin Tel. +49 385 20223-114 www.nordkirche.de 27. Februar 2016
41 https://www.ekd.de/aktuell/edi_2015_12_02_kriegseinsatz.html, https://www.ekd.de/aktuell/20151202_stellungnahme_syrien.html
42 http://beschluesse.spd-schleswig-holstein.de/wiki/A1:_Friedenspolitik_heute_(2014)